Wie feiert Dänemark eigentlich Silvester?

Donnerstag, 16. Januar 2025
Serie Dänemark S7 • E1
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Quelle: JESHOOTS.COM auf Unsplash

Lesedauer: 9 Minuten

Der Jahreswechsel wird kulturell bedingt in vielen Teilen der Welt unterschiedlich verbracht und zelebriert.

Dabei herausstechende Beispiele sind Asien, wo die eigentliche Jahreswechselfeier ja nach dem Mondkalender und damit eine Wochen später stattfindet.

Oder betrachte man die Südhalbkugel, wo der Jahreswechsel halt im Sommer stattfindet und man in Rio de Janeiro bspw. das neue Jahr am Strand im Wasser begrüßt.

Aber wie ist das mit dem Jahreswechsel jetzt in fast unmittelbarer Nachbarschaft Deutschlands? Genauer gefragt: Wie feiert man den Jahreswechsel eigentlich in Dänemark? Das möchte ich dir in diesem Beitrag aus eigenem Erleben teilen.


Den Jahreswechsel 2024 auf 2025 durfte ich auf Einladung eines dänischen Freundes in Odense auf Fünen begehen. Und obwohl ich schon diverse Male den Jahreswechsel in Dänemark verbracht hatte, so hatte ich doch überhaupt keine Ahnung, wie die Dänen eigentlich den Jahreswechsel feiern.

Hinweis
Einleitender Hinweis

Im Nachfolgenden beschreibe ich, wie im Kreise meines Freundes in Dänemark Silvester begangen wird. Vieles davon ist definitiv landestypisch, es mag dennoch regionale Abweichungen geben!

Wie feiern Dänen denn nun Silvester?


Das Einläuten der Silvesterfeierlichkeiten – Die Neujahresansprache

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Ich wurde zu um 17:30 Uhr in ein sehr schönes und luxuriöses Penthouse am Hafen von Odense geladen. Mir erschien das sehr früh zu sein. Aber ich hatte ja auch keine Ahnung, was kommen würde.

Dort angekommen, genoss ich natürlich zunächst die Aussicht auf Odense mit all dem bereits abgeschossenen Feuerwerk. Ein herrlicher Blick! Ich wurde dann den nach und nach eintrudelnden Gästen vorgestellt und konnte dabei mit meinem bisschen Dänisch schon mal eine positive Brücke zu mir unbekannten Dänen bauen.

Um 17:55 Uhr bat uns der Hausherr schon mal darum, auf der Couch vor dem Fernseher Platz zunehmen. Es wurde DR1 – das erste Dänische Fernsehen – angemacht, wo die Wache vor dem Schloss Amalienborg, die Stadtresidenz des dänischen Königs Frederik X. gezeigt wurde.

Mir dämmerte es. Das wird wohl die Neujahresansprache des Königs sein. Und so war es dann auch. Mit dem Schlag der Turmuhr wechselte das Bild und König Frederik X. trat zu seiner ersten Neujahresansprache an einen Schreibtisch.

Weil noch Gäste am Quatschen war, bat der Hausherr um Ruhe, die Ansprache begann und alle lauschten interessiert der Premiere von König Frederik X.. Ich versuchte die Ansprache mit meinem bisschen Dänisch zu verstehen, wobei die eingeblendeten Untertitel für Gehörlose mir ausgesprochen gut halfen. Ohne die wäre ich total aufgeschmissen gewesen.

Und wenngleich ich nicht alles verstand, so verstand ich doch – nicht nur zu meiner eigenen Überraschung – recht viel. Und noch etwas viel mir auf. Man hörte und sah überhaupt kein Feuerwerk mehr über Odense!

Als die Ansprache mit den Worten Gud bevare Danmark (Gott beschütze Dänemark) endete, dann der nächste Überraschungsmoment für mich. Die Anwesenden begannen zu applaudieren und dann bei einem Gläschen Champagner darüber zu sprechen, das der König das zwar sichtbar nervös aber auch mit Scharm und letztlich souverän über die Bühne gebracht hatte.

Im nachfolgenden Gespräch mit einigen Gästen, sprach ich dann meine Beobachtungen an. Ich erfuhr, dass die royale Neujahresansprache (Dronningens nytårstale) in den meisten dänischen Haushalten eine absolute Pflichtveranstaltung verstanden und mit absolutem Respekt geschaut wird. Der Respekt dem Königshaus gegenüber zeige sich auch darin, dass man in diesem 15 Minuten nicht böllert oder Raketen abschießt!

Schon überraschend für einen Deutschen. Wer in Deutschland unter 60 oder 70 schaut denn bitte die Neujahresansprache des Bundeskanzlers? Und angesichts der Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte in Deutschland empfand ich Dänemark mal wieder als vergleichsweise heile Welt...

Mir wurde auch mitgeteilt, dass die Neujahresansprache quasi der Startschuss für die Silvesterfeierlichkeiten in Dänemark sei. Was dann auch zum nächsten Schritt der dieser führt.


Das Silvesteressen

Nach einigen Minuten des Small Talks über die Neujahresansprache begannen dann (fast) alle, sich an den Vorbereitungen für das Silvesteressen zu beteiligen.

Das bestand zunächst aus einer Vorspeise mit – in meinen Worten – Smørrebrød. Gäste hatten sehr fleißig Smørrebrød mit Krabben oder Räucherlachs und einer cremigen Art Senf-Dill-Sauce bereitet, die wirklich extrem lecker waren.

Im Anschluss gab es dann als Hauptgang ein super leckeres Roastbeef, mit karamellisierten Kartoffeln, einer Rotweinsauce und einem schmackhaften Salat mit Granatapfel, Feldsalat und Nüssen. Da konnte man sich im Anschluss nur alle 10 Finger lecken!

Damit aber noch nicht genug. Es musste ja noch ein Dessert geben und da hatten zwei Gäste schnell eine Art Milchreis mit Mandeln und Zimt gemacht. Der heißt Risalamande und wird, wie ich dann am Tisch erfuhr, eigentlich traditionell an Weihnachten in dänischen Familien gegessen.

Zum Essen gab es allgemein Wein und im Anschluss (natürlich) einen Aquavit.


Der persönliche Jahresrückblick

Nachdem das Essen abgeräumt und der Geschirrspüler packevoll war, begann dann eine neue Phase der Silvesterfeierlichkeiten.

Man begann reih um, auf das nun zu Ende gehende Jahr zurückzublicken. Dabei musste jeder seine eigenen schlechten, schönen und lustigen Erlebnisse des endenden Jahres teilen, was für mein Empfinden erstaunlich ehrlich und offen geschah.

So berichtete ein weiblicher Gast unter Tränen, dass es wieder nicht mit dem Kinderwunsch geklappt hätte. Da kullerten auch bei anderen einige Tränen. Aber dieser persönliche Jahresrückblick geschieht nicht grundlos in der genannten Reihenfolge, denn es geht darum, mit Positivem und Lustigem ins neue Jahr zu gehen!


Dinner for one oder der 90. Geburtstag

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Um kurz vor 23:40 Uhr dann die absolute Überraschung für mich. Man versammelte sich abermals auf Zuruf des Hausherren um den Fernseher und schaut gemeinsam auf DR1 Dinner for one oder Der 90. Geburtstag oder eben auf Dänisch 90-års fødselsdagen. Das ist seit 1980 in Dänemark in der Ausstrahlung am Silvesterabend und mittlerweile Teil der dänischen Silvestertradition.

Dabei handelte es sich grundsätzlich um die in Norddeutschland bekannte Version vom NDR, dessen Aufzeichnung im Jahre 1961 in schwarz-weiß produziert worden war. Zwei Dinge fand ich aber merkwürdig. Es fehlten die Geräusche des Publikums. Sehr auffällig gerade wegen der sich immer mehr totlachenden Frau des Aufnahmeleiters. Und die Version war maximal 15 Minuten lang und damit kürzer als das Original.


Der Sprung in den Jahreswechsel

Der Jahreswechsel an sich wurde dann um 23:55 Uhr etwas hektisch eingeleitet, denn jeder Gast brauchte nun einen Stuhl. Mein erster Gedanke: spielen wir gleich die Reise nach Jerusalem? Nein!

Es lief weiterhin DR1 im Fernsehen, wo nun eine Turmuhr gezeigt wurde. Die im Kreis aufgestellten Stühle wurden von je einem Gast betreten und wir fassten uns mit den jeweiligen Stuhlnachbarn an den Händen. Dann wurde runtergezählt und bei Null sprangen wir alle vorsichtig vom Stuhl. Ich verzögert, weil ich ja keine Ahnung hatte...

Info
Springe ind i det nye år

Springe ind i det nye år oder eben der Sprung ins neue Jahr ist eine dänische Tradition. Die Dänen steigen dazu an Silvester kurz vor Mitternacht auf einen Stuhl, ein Sofa oder eine andere erhöhte Fläche, um dann genau um Mitternacht herunterspringen. Dieser Sprung symbolisiert einen frischen Start ins kommende Jahr und soll Glück bringen.

Im Anschluss gab es dann wieder ein Gläschen Champagner und wir wünschten uns gegenseitig Godt nytår.


Kransekage

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Nach den Neujahreswünschen wurde dann feierlich eine Art Turmkuchen mit vielen kleinen Dannebrog verziert ins Wohnzimmer getragen.

Der traditionelle Kransekage.

Dabei handelt es sich um einen kegelförmigen Turmkuchen, der aus immer kleiner werdenden Ringen besteht.

Die Ringe selber bestehen aus Marzipan, Puderzucker und Eiweiß als Hauptbestandteilen. Du kannst dir also denken, wie verdammt süß der ist!


Das Feuerwerk

Im Anschluss an den Sprung vom Stuhl ging es dann natürlich raus auf die Terrasse rund ums Penthouse, von wo aus wir einen herrlichen Blick über das von den Odensern abgefeuerte Feuerwerk hatten. Was für ein Anblick, denn man lässt sich in Dänemark meinem Eindruck nicht mit so kleinen Raketen, wie in Deutschland abspeisen.

Es wurden riesige Feuerbatterien abgebrannt. Feuerbatterien, die ungelogen gerade so noch in einen Einkaufswagen gepasst haben könnten. Der Gastgeber meinte auf meine Frage hin, dass er etwa 3000 DKK – umgerechnet etwa 400 Euro – ausgegeben habe. Der Wahnsinn und kein Einzelfall! Eher die Regel...

Ab 1:00 Uhr ließ dann das Feuerwerk aber deutlich nach und es wurde ungewohnt ruhig.


Fazit

Silvester in Dänemark erschien mir noch sehr viel mehr in Kleingruppen oder Familien und damit in einer echten Gemeinschaft gefeiert zu werden und das sehr traditionell. Mir hat dabei das Gemeinsame in allen Belangen sehr gefallen.

Bei der Feier an sich wird definitiv in allen Belangen geklotzt und nicht gekleckert!

Dennoch gibt es schon deutliche Unterschiede zur Art, wie in Deutschland gefeiert wird und das, obwohl Dänemark ja unser direktes Nachbarland ist und ich nur knapp 200 Kilometer Fahrstrecke von der Grenze entfernt wohne.

Mir hat das aber sehr viel besser gefallen und ich hoffe, dass das nicht mein letzter echt dänischer Jahreswechsel war!


Hast du Erfahrung mit dänischen Silvesterfeiern? Kennst du weitere Traditionen, die mir verborgen geblieben sind? Dann würde ich mich über einen Beitrag von dir sehr freuen.


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