Völlige Überlastung!

Dienstag, 11. August 2020
Serie Covid-19 S2 • E3
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Quelle: Dieses Bild stammt aus der Public Health Image Library (PHIL) des Centers for Disease Control and Prevention, mit der Identifikationsnummer #23312.

Lesedauer: 4 Minuten

In meinem letzten Post Schwein gehabt zu meinen Erlebnissen in der Corona-Zeit hatte ich von der deutlichen Zuspitzung meiner Symptome bis zum 14ten Tag nach der vermeintlichen Infizierung berichtet und das ich zunehmend das Gefühl hatte, in schlechtem gesundheitlichen Zustand schlicht allein gelassen zu werden. Gerade wo ich auch erfahren hatte, dass in einem Schwellenland wie Việt Nam jeder Verdachtsfall auch getestet wird und ein positiver Befund direkt zur stationären Aufnahme führt.

Ich stellte mir ja auch die Frage, warum ich nicht getestet würde. Die Antwort auf diese Frage hatte ich aber bereits vor dem Peak meiner Symptome mit der Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts vom 25.03.2020 erhalten, in der Prof. Dr. Lothar Wieler eine geänderte Test-Empfehlung für Ärzte begründete. Er nannte die zukünftig ausschlaggebenden Kriterien nach denen Ärzte prinzipiell einen Test anordnen sollten.

Er sagte Prinzipiell gilt, dass nur Menschen getestet werden, die Symptome zeigen. Hier gibt es ein paar ausschlaggebende Kriterien. Hatten Sie Kontakt mit einem bestätigten Covid-19-Fall, gehören Sie zu einer Risikogruppe oder gehören Sie zum medizinischen Personal oder, wenn die Menschen schwer Krank sind, haben wir keine Differentialdiagnose? Das sind alles Entscheidungen, die der Arzt vor Ort zu treffen hat.

Er führte dann weiter aus Eine entscheidende Veränderung ist die, dass das bisherige Kriterium, das die Patienten in einem Gebiet mit Covid-19-Fällen gewesen sein müssen, entfällt. und das quasi, weil sich der Erreger ja nun auch bei uns immer weiter ausbreitet...

Ich war also schlichtweg nicht Krank genug! Unglaublich oder?

Ich rief am Montag nach der geschilderten Zuspitzung meinen Hausarzt an, der immer noch keinen Test anordnen durfte. Er riet mir bei einer nächsten massiven Verschlechterung aber unverzüglich den Rettungsdienst zu rufen und mich mit der Krankenhauseinweisung quasi zwangsweise einem Test unterziehen zu lassen! Er selbst durfte mich ja ohne Test nicht behandeln...

Mein Hausarzt sagte mir aber auch Die ersten Symptome bei Covid-19 treten laut Aussage von Fachleuten mit Halsschmerzen und Husten ungefähr fünf bis sechs Tage nach der Infizierung auf, wenn überhaupt. Ferner erreichen die Symptome mit Atemnot sowie Geschmacks- und / oder Geruchsverlust nach ungefähr 14 Tagen ihre volle Ausprägung. Die Ausprägung unterscheidet sich natürlich je nach Stärke des Verlaufes und kann auch Fieber beinhalten. Das passt doch alles zu Ihren Schilderungen! Für mich spricht viel dafür, dass Sie an Covid-19 erkrankt sind.

Tja, das einzig fehlende Symptome war bei mir in der Tat Fieber! Das tritt laut RKI aber auch nur bei 40% der Fälle auf. Ich hielt mich weiterhin strikt an den Rat der Ärztin am Telefon, beobachtete mich weiter, versuchte mich auszukurieren und vor allem blieb ich weiter in Isolation.

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Eine Woche später klingelte dann mein Telefon und mein Hausarzt erfragte, wie es mir denn mittlerweile ginge. Das Gespräch endete mit den Worten Dann weise ich jetzt einen Test an! Drei Tage später erst dann der Abstrich in einem provisorischen Zelt auf dem Parkplatz des Johanniter-Krankenhauses in Geesthacht und das 10 Tage nach den schlimmsten Symptomen!

Ich hatte zu dem Zeitpunkt nur noch ein leichtes Kratzen im Hals, vergleichsweise leichte Atemnot, meinen Geschmacks- und Geruchssinn wieder zurück und vor allem kaum noch trockenen Husten und Brustschmerzen. Daher meinte der Arzt in dieser Outbrake-ähnlichen Schutzkleidung auch schon, dass er ein negatives Testergebnis erwarte. Man werde sich innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage telefonisch mit dem Ergebnis bei mir melden.

Kein Wort über Quarantäne oder Verhaltenshinweise! Ich fragte nach. Bin ich denn jetzt offiziell in Quarantäne? Seine kurze, sichtlich von Unverständnis geprägte Antworte lautete nur Natürlich?! und ich dachte so Klar, was frag ich eigentlich so dumm?

Als ich dann nach drei Tagen immer noch keine Information hatte, rief ich wieder meinen Hausarzt an. Der telefonierte mit dem Gesundheitsamt, der Teststelle und dem hausärztlichen Notdienst. Ergebnis: Man dürfe das Ergebnis nur mir, dem Patienten mitteilen! Are you fu**ing kidding me??

Ich begann also auch herumzutelefonieren. Erste Stelle, das Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt durfte mich aber angeblich nicht durchstellen. Nächste und letzte Möglichkeit, der Hausärztliche Notdienst. Ich versuchte innerhalb ihrer 3 stündigen, abendlichen Öffnungszeit an mehreren Abenden dort alle 15 Minuten Jemanden ans Telefon zu bekommen. Es klingelte sich tot und ein Mal wurde ich sogar weggedrückt! Unglaublich...

Schön das wir noch 50% freie Kapazität bei den Intensivbetten haben, Herr Spahn! Schade nur, wenn man bei einer nicht ansatzweise mit Italien oder Spanien vergleichbaren Lage und der trotzdem nachweislich vorherrschenden Überlastung des Gesundheitssystems erst gar nicht mehr in einem dieser Betten landet, sondern vorher schon auf der Couch verreckt...

Nach zehn Tagen und vielem Hin und Her erhielt mein Hausarzt das negative Ergebnis und so endete meine sechswöchige Isolation bzw. sogar Quarantäne! Der Hausarzt überwies mich nach einer eingehenden Untersuchung in Schutzkleidung an ein Lungenfachzentrum zum Ausschluss der gängigsten Lungenkrankheiten.

Fünf Wochen später war ich dann endlich beim Lungenfachzentrum in Geesthacht und wurde auf den Kopf gestellt. Alle gängigen Lungenkrankheiten wie Asthma, allergisches Asthma, COPD,... wurden ausgeschlossen und im Abschlussgespräch verriet mir die Ärztin, dass sie auch ihre Kollegen noch mal befragt habe und man sei sich einig, dass ich an Covid-19 erkrankt war und meine Lunge sich nun langsam wieder erhole.

Ähnliche leichte Symptome seien ihnen auch bei ehemals positiv und zwischenzeitlich negativ Getesteten bekannt. Darunter seien sogar Leistungssportler! Und auch wenn der Antikörpertest nicht wirklich zuverlässig ist, so würden sie mir gern noch mal Blut abnehmen und einen solchen Test machen lassen. Vielleicht haben wir ja Glück und der Test ist positiv. so die mich überzeugenden Worte...

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Aber es kam, wie es kommen musste, auch der Antikörpertest war negativ. Insofern weiß ich bis heute nicht mit 100%iger Sicherheit, ob ich infiziert war. Aber es spricht sehr sehr viel dafür. Und selbst ein positives Ergebnis hätte ja nicht zwangsläufig bedeutet, dass ich mich nicht noch mal infizieren könne und dann weniger Glück habe.

Mittlerweile melden sich ja auch immer mehr Infizierte zu Wort und berichten von ihrem Delirium bei einem schwachen Verlauf, wie auch ich ihn dann offiziell hatte. Ein Nachbar wurde beispielsweise auch erst widerwillig und daher zu spät getestet. Er musste dann sogar vierzehn Tage auf sein Ergebnis warten! Auch sein Eindruck über unser Gesundheitssystem ist verheerend.

Wissenschaftliche Studien, wie beispielsweise vom UKSH Lübeck zeigen mittlerweile ja auch erschreckend auf, dass viele ehemals nachweislich Infizierte zum Teil schon 5 – 8 Tagen nach ihrem negativen Abschlusstest keinerlei Antikörper mehr im Blut nachweisbar aufweisen.

Ich habe in meiner Zeit der Isolation und Quarantäne gut sieben Kilogramm an Gewicht verloren. Finde ich eigentlich ganz ok, zeigt aber auch, was dieses Virus mit dem Körper macht und wie sehr es den Körper herausfordert. Auch Stimmen über nachweisliche Spätfolgen, die nicht nur die Lunge betreffen, mehren sich und leiten mich hier abschließend zur Bitte an euch, die aktuell harmlos erscheinende Situation nicht zu unterschätzen! Haltet euch weiterhin an die Gebotsregeln, damit euch und vor allem Anderen meine Erfahrungen erspart bleiben, denn wenn die zweite Welle kommt, wird es angesichts des aktuell allgemein an den Tag gelegten, laxen Verhaltens mehr Menschen erwischen, als bei der gerade überstandenen ersten Welle!


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