Träumen im Dreamliner?

Dienstag, 21. Mai 2019
Serie Việt Nam S2 • E1
Google Maps Frankfurt
post_0777_erfahrungsbericht_dreamliner_1
Quelle: Von Eric Salard - VN-A861 N1020K LBG SIAE 2015, CC BY-SA 2.0, Link

Lesedauer: 6 Minuten

Gehört ihr auch zur Gruppe der Reise- und damit wahrscheinlich auch flugbegeisterten Menschen? Ich in jedem Fall und so war ich zwar grundsätzlich zunächst einmal überhaupt nicht erfreut, als mein Arbeitgeber beschloss, mich mit der Betreuung eines vietnamesischen Entwickler-Teams zu beauftragen. Aber, man soll ja auch die positiven Seiten sehen! Aber gibt es die? Welche sind das?

Für mich anfangs kaum zu beantwortende Fragen, denn ich sah zunächst nur eine positive Seite! Diese ist für mich definitiv die mit der Reisetätigkeit einhergehende Möglichkeit, neue Luftfahrzeuge mal nicht nur durch Videos, Fotos, Berichte und Erzählungen anderer zu erleben, sondern am eigenen Leib zu spüren, ob die Veränderungen und neuen Entwicklungen wirklich so positiv sind.

So machte ich mich nun erstmals im Rahmen meiner neuen Aufgabe über Frankfurt auf nach Hồ-Chí-Minh-City (HCMC). Gebucht wurde für mich eine Flug mit Vietnam Airlines und so hoffte ich direkt auf einen Flug mit dem brandneuen Airbus A350. Enttäuschung machte sich in mir breit, alls ich feststellen musste, dass Vietnam Airlines diese Strecke grundsätzlich mit der Boeing 787-9, also dem Dreamliner bedient. Aber war die Enttäuschung berechtigt?

Nun ja, dazu sollte man sich vielleicht zunächst einmal anschauen, welche Neuerungen der Dreamliner allgemein mit sich bringt und diese dann aus der eigenen Erfahrung heraus betrachten. Meine Erfahrung erstreckt sich mittlerweile auf drei Flüge mit diesem Luftfahrzeug. Bei zwei Langstreckenflügen saß ich dabei in der Premium Economy und bei einem Inlandsflug in der Economy. Nachfolgend möchte ich nun die Neuerungen nach und nach zunächst beschreiben und dann mit meinen Erfahrungen dazu ergänzen.

post_0777_erfahrungsbericht_dreamliner_2 Blick auf die vergleichsweise riesigen Fenster mit ihrer unterschiedlichen, hier noch geringen Verdunkelung und den Bedienknöpfen darunter.
Quelle: Von Spaceaero2 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Große Fenster
Auch wenn der Airbus A380 bereits überdurchschnittlich große Fenster auf dem Markt der Verkehrsflugzeuge etabliert hatte, so hat Boeing im Dreamliner da noch mal ordentlich einen drauf gesetzt! Die Fenster sind etwa 60% größer als die euch standardmäßig bekannten Fenster in Verkehrsflugzeugen.

Für mich war das klasse, denn ich schaue mir einfach gern die Welt von oben an und versuche mich bzgl. der aktuellen Position zu orientieren. Das ist bei solch großen „Schaufenstern“ natürlich locker möglich. Ich verfügte nun auf den Langstreckenflügen über Fensterplätze und konnte so das sich eröffnende Panorama genießen. Aber auch auf dem Kurzstreckenflug machten sich die großen Fenster positiv bemerkbar, denn obwohl ich keinen Fensterplatz hatte, konnte ich bei Start und Landung trotzdem einen guten Blick nach draußen werfen.

Elektrische Scheibenverdunkelung
Die riesigen Fenster im Dreamliner verfügen nicht mehr über die klassischen Kunststoffjalousien. Stattdessen wird eine vielen von den automatisch abblendbaren Rückspiegeln aus der Automobilindustrie bekannte Technik verwendet. Dabei befindet sich zwischen zwei Scheiben ein Flüssigkeitsfilm, der je nach anliegender Stromspannung eben hell oder dunkel wird. Steuerbar ist das für den Passagier mittels eines elektrischen Schalters. Aber es kann auch zentral und sektionsweise durch das Kabinenpersonal gesteuert werden, um bspw. für Start und Landung eine unverdunkelte Sicht nach Außen zu gewährleisten.

Für mich war das zunächst eine schöne Spielerei, der ich mich ein paar Minuten widmen konnte. Da ich aber rausschauen wollte, war die Verdunkelung für mich zunächst eher nachteilig, denn gerade als ich mir Polen und Russland von oben anschauen wollte, wurde die Verdunkelung für die Sektion der Premium Economy durch das Kabinenpersonal auf Maximum gesetzt und gesperrt. Es konnte also auch nicht durch den Passagier übersteuert werden. Da ist dann absolut nichts mehr mit rausgucken! Das ärgerte mich zunächst.

Nach dem Flug verstand ich aber das Prinzip dahinter und bewerte das nun anders. Durch die Verdunkelung der Kabine werden die Passagiere müde und können leichter (ein-)schlafen, was auf einem 12-Stunden-Flug mit Ankunft am Reiseziel in den frühen Morgenstunden auch absolut geboten ist! Da ich draußen ja nun trotz hellstem Tageslichts nichts mehr sehen konnte und durch die Dunkelheit in der Kabine wurde auch ich müde und schlief ein. So kam ich auf dem letzten Flug auf unglaubliche acht Stunden Schlaf am Stück!

post_0777_erfahrungsbericht_dreamliner_3 Blick in die Premium Economy Sektion.
Innenbeleuchtung
Im Dreamliner ist, wie in anderen hochmodernen Flugzeugkabinen auch, eine dezente LED-Beleuchtung verbaut. Diese kann in Helligkeit und Farbe gesteuert werden. Boeing behauptet, dass durch die entsprechende Wahl von Helligkeit und Farbe die Auswirkungen des Jetlags verringert werden können.

Ich kann mir den positiven Effekt grundsätzlich vorstellen. Ich hatte auch kaum Jetlag. Weder auf dem Weg nach Westen noch auf dem grundsätzlich ja sehr harten Weg nach Osten. Mir ist es nicht möglich, dies objektiv zu bewerten, denn aufgrund der für mich hohen Menge an Schlaf im Flieger fehlt mir jeglicher Vergleich!

Software gegen Turbulenzen
Im Dreamliner ist erstmals eine Software im Einsatz, die Turbulenzen erkennt und mit blitzschnellen Ruderkommandos die Auswirkungen von Turbulenzen und damit mögliche Auswirkungen auf die Passagiere mindern soll.

Meine Flüge waren allesamt sehr ruhig. Ich kann jetzt nicht beurteilen, ob das grundsätzlich so war oder dieser Wundersoftware zuzuschreiben ist.

Kabinenluft
Der Dreamliner gehört zu den ersten Flugzeugen, die über eine neue Art der Innenraumluftgewinnung verfügen. Dabei wir die Luft nicht mehr einer Verdichterstufe des Triebwerks entnommen. Das System ist in den unteren Rumpf des Flugzeuges gewandert und bietet allerlei Neuerungen. So beträgt die Luftfeuchtigkeit statt etwa 5% nun etwa 15%. Ferner wird der Kabinendruck nicht so stark verringert, wie in älteren Luftfahrzeugen. So war es bisher üblich, dass sich der Kabinendruck bis auf den in etwa 3000 Metern Höhe vorherrschenden Luftdruck reduziert. Im Dreamliner wird diese nun nur noch auf ungefähr 1800 Meter reduziert.

Alles in allem eine tolle Sache. Ich hatte lange nicht mehr das große Bedürfnis nach Flüssigkeitsaufnahme, wie ich es von anderen langstreckenflügen her kenne. Außerdem musste ich im Steig- und Sinkflug nicht mehr so oft den Ohrdruck durch das Valsalva-Manöver ausgleichen, was gerade für erkältete Fluggäste sicherlich sehr angenehm ist.

post_0777_erfahrungsbericht_dreamliner_4 Blick auf das riesige Triebwerk und einen aerodynamisch ausgefeilten Flügel.
Fazit
Nach den gemachten Erfahrungen war meine Enttäuschung über das Fliegen mit einer Boeing 787 Dreamliner im Vorwege absolut nicht berechtigt. Jetzt mögen sowohl die Premium Economy als auch der tolle Service an Bord dazu beigetragen haben, dass ich wirklich entspannt und ausgeruht in HCMC angekommen bin. Aber ich denke, dass auch die vielen tollen Neuerungen bzgl. der passagierfreundlichen Kabine ihren nicht zu vernachlässigenden peripheren Einfluss hatten! Die Flüge im Dreamliner waren für mich allesamt bequem und sehr angenehm. Ich bin stets ausgeruht angekommen, was ich so vorher noch nie erlebt hatte. Insofern kann ich zum Reisen mit dem Dreamliner fast nur Positives wiedergeben und eine Empfehlung aussprechen.

Einzig in einem Punkt konnte der Dreamliner bisher von mir auf Langstreckenflügen gemachte Erfahrungen nicht positiv übertreffen. Das ist die Lautstärke der am Flugzeugkörper entlangfließenden Luft. Dieses ewige Rauschen ist echt nervig und im Vergleich zum Airbus A380 schon spürbar höher. Aber dafür gibt es ja Noise Cancelling Kopfhörer. Einen solchen habe ich mir besorgt und werde ihn beim nächsten Flug testen. Dazu dann evtl. hier ein Erfahrungsbericht...
Kommentar der Redaktion:

Auf diesem Wege auch nochmal alles erdenklich Gute an meinen Bruder, der heute seinen Ehrentag feiert!


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