Toxische Positivität - Wahrnehmung und Umgang
Donnerstag, 22. Februar 2024
Business S5 • E1
Escheburg
Quelle: Abstral Official auf Unsplash
Lesedauer: 8 Minuten
Toxische Positivität. Was soll das denn sein? Klingt doch irgendwie nach einem Widerspruch in zwei Worten oder?Und doch wirst du toxische Posititvität mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits bei der Arbeit oder sogar in deiner Familie erlebt haben, wenn auch vielleicht ohne diese aktiv wahrgenommen zu haben.
Ist positives Denken doch nicht mehr förderungswürdig? Sorgt Positivität doch nicht für bessere Resultate und deutlich mehr Zufriedenheit im eigenen tun?
In diesem Beitrag klären wir, wie die Begriffe toxisch und Positivität zusammenpassen. Du erfährst, was toxische Posititvität ist, was ihre Gefahren sind, wie du diese erkennen kannst und wie du am Besten mit ihr umgehst.
Hast du in deinem Umfeld Personen, die in Allem immer versuchen, das Positive zu sehen oder in Allem immer eine höhere Bestimmung erahnen? Hast du Personen, die Dinge schön reden und dich mit allgemeinen Floskeln versuchen positiv zu beeinflussen, dich zu beruhigen, ohne das das wirklich funktionierte?
Dann ist dieser Beitrag wahrscheinlich genau richtig für dich und kann dazu führen, dass du dich in Zukunft wirklich im Umgang mit emotionalen Situationen verbesserst, du dich besser durchsetzen und einbringen kannst. Denn übertriebene Positivität oder extremer Optimismus können für mehr Schaden als Nutzen sorgen. Also was ist das denn nun, diese toxische Positivität?
Was ist toxische Positivität?
Toxische Positivität ist ein Begriff, der verwendet wird, um ein Verhalten oder eine Einstellung zu beschreiben, bei der Menschen ständig versuchen, positiv zu sein oder positive Gefühle auszudrücken, selbst wenn dies unangemessen oder unrealistisch ist.Beispiele für toxische Positivität
- Bagatellisierung von Problemen
- Vermeidung von negativen Emotionen
- Schuldgefühle und Druck
- Fehlende Authentizität
Warum ist toxische Positivität gefährlich?
Toxische Positivität kann in verschiedenen Situationen auftreten und sorgt dort eigentlich immer - wenn auch meist schleichend - für eine deutliche Verschlechterung der Gesamtsituation.So neigen Menschen, die toxische Positivität praktizieren, dazu, die Schwere von Problemen oder Herausforderungen herunterzuspielen. Dies kann dazu führen, dass echte Sorgen und Ängste ignoriert oder nicht ernst genommen werden.
Statt negative Emotionen wie Trauer, Wut oder Angst zuzulassen und zu verarbeiten, versuchen Menschen, die toxische Positivität praktizieren, diese Emotionen zu unterdrücken oder zu vermeiden. Dies kann langfristig zu emotionaler Verdrängung und psychischer Belastung führen.
Menschen, die toxische Positivität in ihren sozialen Kreisen fördern, können anderen das Gefühl geben, dass sie nicht genug positiv sind oder viel eher noch, dass ihre negativen Emotionen fehl am Platz sind. Dies kann zu Schuldgefühlen und einem zusätzlichen Druck führen, immer fröhlich und positiv zu sein.
Toxische Positivität kann dazu führen, dass Menschen ihre wahren Gefühle verbergen und ein falsches Bild von sich selbst präsentieren. Dies kann zu einer fehlenden Authentizität in Beziehungen und im eigenen Selbstbild führen.
Du erkennst vermutlich, warum diese Positivität den Zusatzbegriff toxisch verdient. Doch wie erkennt man toxische Positivität nun?
Wie erkennt man toxische Positivität?
Toxische Positivität zu erkennen, kann manchmal sehr schwierig sein. Sie verbirgt sich oft in gut gemeinten Aussagen oder Handlungen wie dem gut gemeinten Ratschlag.Zusätzlich ist die andere Person häufig in einer emotionalen Ausnahmesituation, was es ihr schwer macht, die toxische Positivität in der Situation selbst zu erkennen. Aber retrospektiv kann man diese schon ganz gut erkennen und wenn man eine Person erst einmal als toxisch Positiv im Blick hat, wird auch das Erkennen in der Situation selbst leichter.
Zusätzlich zu den oben bereits beispielhaft genannten Ausprägungen von toxischer Positivität gibt es noch weitere Anzeichen und Hinweise, dass toxische Positivität im Spiel sein könnte:
- Fehlende Empathie
Menschen, die toxische Positivität praktizieren, können sich häufig nur schwer in die Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen oder Empathie für deren Herausforderungen zeigen. Stattdessen hauen sie einfach positiv klingende Sätze raus, ohne auf die tatsächlichen Emotionen einzugehen. - Widerstand gegen das Zulassen von Trauer und Verlust
In Zeiten von Trauer oder Verlust wird toxische Positivität oft sichtbar, indem Menschen versuchen, die Trauer zu unterdrücken oder deren verbale Äußerung zu verhindern. - Ignorieren von Warnzeichen
Wenn jemand offensichtliche Warnzeichen für psychische Gesundheitsprobleme ignoriert und stattdessen sagt, dass "alles im Kopf ist" oder dass man einfach "glücklicher" sein sollte, könnte das ein Zeichen für toxische Positivität sein.
Gesunde Positivität ermutigt dazu, positive Einstellungen zu entwickeln, ohne die Realität zu leugnen und erlaubt es gleichzeitig, negative Emotionen und Herausforderungen anzuerkennen und damit umzugehen.
Beispielhafte Sätze toxischer Positivität
- Mach dir keine Sorgen, alles wird gut.
- Denk einfach positiv.
- Das kannst du eh nicht mehr ändern.
- Immerhin hast du Arbeit.
- Das ist so vorbestimmt.
Wie sollte man mit toxischer Positivität umgehen?
Wenn du das Gefühl hast, dass toxische Positivität deine eigenen Emotionen oder die Emotionen anderer beeinträchtigt, ist es wichtig, dies anzusprechen und nach Unterstützung zu suchen, um auf gesunde Weise damit umzugehen.Es ist wichtig zu beachten, dass es weiterhin nicht nur in Ordnung, sondern auch absolut notwendig ist, negative Emotionen zu haben oder auszudrücken. Das Leben ist nicht immer positiv und es ist gesund, auf Herausforderungen und Schwierigkeiten eine angemessene emotionale Reaktion zu zeigen.
Toxische Positivität kann zu emotionaler Unterdrückung und einem Mangel an Selbstmitgefühl führen. Es ist daher wichtig, ein Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Emotionen zu finden und diese auf gesunde Weise zu bewältigen.
Möglichkeiten zum Umgang mit toxischer Positivität
- (Weiter-)Bildung
Informiere dich über emotionale Intelligenz und wie man gesunde emotionale Bewältigungsstrategien entwickelt. Bücher, Kurse oder Workshops können dabei helfen. - Selbstreflexion
Reflektiere darüber, ob du selbst toxische Positivität praktizierst. Erkenne, ob du Gefühle wie Wut, Trauer oder Frustration unterdrückst, anstatt sie anzuerkennen. - Offene Kommunikation
Spreche über deine Gefühle mit Menschen, die du vertraust. Oft hilft es, mit anderen zu teilen, wie du dich fühlst, anstatt deine Emotionen zu unterdrücken. - Akzeptanz der (eigenen) Gefühle
Es ist wichtig, alle Gefühle als gültig anzuerkennen und zuzulassen. Es ist normal, negative Emotionen zu erleben und sie sind oft ein gesunder Ausdruck von Stress oder Unzufriedenheit. - Empathie für andere
Vermeide es, toxische Positivität auf andere anzuwenden, indem du ihre Gefühle und Erfahrungen nicht abwertest. Zeige stattdessen Empathie und Unterstützung. - Setze realistische Ziele
Es ist wichtig, optimistisch zu sein, aber auch realistisch. Setze dir Ziele, die erreichbar sind, und erkenne an, wenn Hindernisse auftreten. - Selbstfürsorge
Pflege dich selbst, indem du auf deine körperliche und mentale Gesundheit achtest. Meditation, Sport und das Finden von Entspannungsmechanismen können helfen, Stress abzubauen. - Professionelle Hilfe
Wenn du Schwierigkeiten hast, mit deinen Emotionen umzugehen oder toxische Positivität schwerwiegender ist, solltest du in Erwägung ziehen, professionelle Hilfe von einem Therapeuten oder Psychologen in Anspruch zu nehmen.
Ich habe sowohl im Privatleben als auch im Berufsleben mit toxisch positiven Menschen zu tun gehabt und erfahren, was diese mit eigentlich leistungsfähigen und -willigen Menschen machen können. Deshalb ist es mir auch wichtig, auf diesen Begriff und seine Bedeutung hinzuweisen.
Hast du auch solche Erfahrungen sammeln müssen? Dann würde ich mich über Kommentare von dir oder dein Feedback zu diesem Beitrag sehr freuen.
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Ich bin ein liebevoller Vater, Candourist, Stoiker, Agilist, Product Owner, Hauptmann der Reserve, Diplom-Kaufmann und ausgebilderter Verkehrspilot (ATPL-Credit).
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