Ikigai oder das Schnitt­mengen­modell des Glücks

Donnerstag, 01. Juli 2021
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Lesedauer: 8 Minuten

Gerade in den Zeiten des Corona-Lockdowns haben viele Menschen geäußert, wie unzufrieden und damit unglücklich sie eigentlich sind. Ein Rumgeheule, dass ich angesichts der mir entgegengebrachten Ideen- und Fantasielosigkeit als auch der meinem Empfinden nach maßlosen Übertriebenheit kaum mehr ertragen konnte.

Wäre es nicht toll, wenn diese Personen einen Weg kennen würden, entweder trotz der aktuellen Situation wieder zufrieden bzw. glücklich zu sein oder aber ein Mittel an die Hand zu bekommen, mit dem sie ihren angeblichen Mangel an Glücksempfinden challengen könnten?

Aber was ist Glück eigentlich? Was macht Glück aus? Ist es mehr Geld zu verdienen oder eher seinen Träumen nachzueifern oder ist es vielleicht sogar, ein Mönch in Thailand zu werden? Sicher ist, dass das Glücksempfinden für jeden Menschen etwas anderes ausmacht und das es in Japan sogar eine Art Formel zum Glücklichsein gibt und die möchte ich in diesem Post mit dir ergründen.

Die Japaner haben ein Glücksmodell, das Ikigai genannt wird und grob übersetzt so viel heißt wie das, wofür es sich zu leben lohnt oder lebenswert. Es ist quasi die Schnittmenge von vier Zuständen und um nun glücklich zu sein, muss man dafür sorgen, dass man alle vier Bereiche erfüllt und damit eine vollständige Schnittmenge erzielt. Daher wird es auch als das Schnittmengenmodell des Glücks bezeichnet. Wie erreicht man nun Ikigai und was sind diese vier Bereiche?

Ikigai – also Erfüllung und Zufriedenheit – kann nur erlangt werden, wenn man im Leben etwas hat, das die folgenden vier Grundbedürfnisse erfüllt. Es muss also etwas sein, ...
  • in dem man gut ist.
  • das man liebt zu tun und einen somit die Welt um sich herum vergessen lässt.
  • das die Welt in irgendeiner Art und Weise braucht.
  • für das man gut bezahlt wird, um ein angenehmes Leben zu führen.
Stellt dir nun vor, diese vier Punkte bilden graphisch gleich große, gleichmäßig verteilte Kreise. Dann bilden diese Kreise ja eine Schnittmenge. Nun kann jeder von uns meistens sagen, dass er zwei dieser Zustände für sich empfindet oder wahrnimmt. Und deren Schnittmengen kann man nun unterschiedliche Substantive zuordnen.


Leidenschaft (engl. passion)

Die erste Schnittmenge zwischen zwei der vier Punkte ist die Leidenschaft oder engl. passion. Passion bildet sich bei der Schnittmenge zwischen dem, worin man gut ist und dem, was man einfach liebt zu tun. Diese Schnittmenge kann man mit Passion bezeichnen, weil man diese Dinge mit Leidenschaft und einer unglaublichen Einfachheit hinbekommt.

Dieser Gruppe gehören zum Beispiel Sänger an, die richtig gut singen können und daran einen unglaublichen Spaß haben. Leider ist man aber unbekannt. Keine einflussreiche Person hat das vorhandene Talent bisher wahrgenommen und so bekommt man – wenn überhaupt – nur wenig Geld dafür und das Gefühl, für die Gesellschaft da draußen etwas Gutes zu tun, stellt sich meistens auch nicht ein.

Den Weg ins Glück findet diese Gruppe, indem sie sich gezielt Gedanken darüber macht, welche Mittel und Wege es gibt, Bekannt zu werden und damit die Tür zu einer Bezahlung zu öffnen, die einem ein angenehmes Leben ermöglicht. Hat man das dann geschafft, ist auch der vierte Punkt erfüllt, denn offensichtlich brauchen Menschen das, was man tut, ansonsten würden sie dafür nicht bezahlen...


Aufgabe (engl. mission)

Die zweite Schnittmenge zwischen zwei der vier Punkte ist die Aufgabe oder engl. mission. Mission bildet sich bei der Schnittmenge zwischen dem, was man einfach liebt zu tun und dem, was die Welt einfach braucht. Diese Schnittmenge kann man mit Mission bezeichnen, weil man mit viel Leidenschaft die Welt besser machen möchte.

Dieser Gruppe gehören beispielsweise unbekannte Blogger oder Aktivisten an. Sie wollen etwas dazu beitragen, dass die Welt besser wird. Aber die zu dieser Schnittmenge gehörenden Personen sind nicht gut in öffentlichem Sprechen, Schreiben oder dem Darstellen von Perspektiven und können so andere nicht davon überzeugen, ihrer guten Sache zu folgen.

Den Weg ins Glück findet diese Gruppe, indem sie besser darin wird, die eigene Mission und ihren Wert für eine bessere Welt zu verbreiten. Und wenn man das dann erreicht hat, lässt sich damit auch meistens genug Geld für ein angenehmes Leben verdienen.


Berufung (engl. vocation)

Die dritte Schnittmenge zwischen zwei der vier Punkte ist die Berufung oder engl. vocation. Vocation bildet sich bei der Schnittmenge zwischen dem, was die Welt braucht und dem, was gut bezahlt wird.

Dieser Gruppe gehören beispielsweise Professoren an. Sie werden ohne Frage überdurchschnittlich gut bezahlt und ihr Lehrauftrag hat definitiv einen positiven Einfluss auf die Weiterentwicklung der Welt. Aber meistens müssen Professoren Jahr für Jahr die gleichen Inhalte lehren und das kann schon unglücklich machen.

Den Weg ins Glück findet diese Gruppe, indem sie sich stetig neuen Herausforderungen oder in der Wissenschaft wohl eher Fragen stellt und damit immer besser im eigenen Arbeitsbereich wird. Und ist man erst einmal gut, in dem was man tut, dann macht man das ja meistens auch gerne.


Beruf (engl. profession)

Die vierte und letzte Schnittmenge zwischen zwei der vier Punkte ist der Beruf oder engl. profession. Profession hat wohl jeder aber die wenigsten können von sich behaupten, dass ihr Beruf in irgendeiner Weise die Welt besser macht und leider machen viele auch einen Job, der ihnen kaum oder sogar keinen Spaß macht.

Den Weg ins Glück findet diese Gruppe nur, indem sie neue Dinge ausprobiert und so herausfindet, was sie wirklich gerne tun würde, um die Welt in irgendeiner Art und Weise zu verbessern. Dazu gehört viel Mut und damit Bereitschaft zu Veränderung.

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Zwischenstadien

Und als wenn das alles nicht schon schwer genug wäre, gibt es auf dem Weg von der Schnittmenge zweier Kreis hin zu Ikigai und damit der Schnittmenge aller vier Kreise natürlich auch noch die Zwischenstufe der Schnittmenge aus drei Kreisen. Diese – so würde ich mal vermuten – ist die am häufigsten anzutreffende Ausgangssituation für jeden, der sich mal dem Schnittmengenmodell des Glücks stellt.

So wirst du vielleicht Selbstzufriedenheit empfinden, dich dabei aber nutzlos fühlen, wenn du etwas tust, das du liebst, indem du gut bist und gut bezahlt wirst aber die Welt es nicht braucht.

So wirst du vielleicht Erfüllung wahrnehmen, kommst finanziell aber nicht voran, wenn du etwas tust, das du liebst, indem du gut bist und was die Welt braucht aber nicht gut bezahlt wird.

So wirst du vielleicht wohlhabend sein, dich aber unsicher fühlen, wenn du etwas tust, das du liebst, gut bezahlt wird und die Welt braucht, du aber eigentlich gar nicht kannst.

Und so wirst du vielleicht ein komfortables Leben führen, das aber mit dem Gefühl der Leere, wenn du etwas tust, indem du gut bist, du gut bezahlt wirst und die Welt es braucht, du es aber nicht gerne machst.

Auch hier heißt es jeweils wieder, sich des fehlenden Kreises bewusst zu werden und dann aktiv nach Abhilfe zu suchen. Und da jeder Mensch anders ist, ist das Ikigai damit auch stets individuell. Die Suche und Erforschung des eigenen Ikigai-Zustands ist dabei ein ganz persönlicher Prozess. Trotzdem gibt es aber auch hierzu einige, allgemeingültige Tipps zum Finden des eigenen Ikigai.


Tipps

Grundlage für Erfolg ist eine schonungslos ehrliche Analyse des Ist-Zustandes. Dabei sollte auch über den Tellerrand geschaut werden. Habe ich beispielsweise Fähigkeiten, die ich aktuell überhaupt nicht einsetze? Man sollte sich, wie bei jeder Selbstreflexion, Zeit lassen und auch schon nach Überschneidungen schauen.

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Je genauer die Analyse, desto wahrscheinlicher findet man das eigene Ikigai und damit das Ziel. Hat man ein Ziel, kann man sich bewusst Maßnahmen überlegen und diese ergreifen.

Mir erscheint es so, als könne man das Ikigai am ehesten erreichen, wenn man von der eigenen Leidenschaft aus startet. Daher sollte man sich mit Gleichgesinnten vernetzen. Man kann lernen und gewinnt Unterstützer der eigenen Sache.

All das wird aber nicht zum Ziel führen, wenn man nicht Geduld bei der Sache an den Tag legt. Es wird Rückschläge geben. Rückschläge sind aber eigentlich wertvolle Lernstufen und machen einen zukünftig nur besser!

Merkst du, wie die vier Bereiche ineinander greifen und hast du Lust, das mal selbst auszuprobieren? Wie immer würde ich mich über Beiträge von dir und dein Feedback zu diesem Post sehr freuen.


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