Der kleine Funke

Samstag, 23. Januar 2021
Serie The last dance S1 • E7
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Lesedauer: 8 Minuten

Nachdem ich mich in meinem letzten Post der The last dance-Serie des berühmt berüchtigten und sogenannten Grippe-Spiels angenommen hatte, möchte ich mich heute in diesem Post der Tatsache annehmen, dass ein riesiges, beeindruckendes und für manche auch verheerendes Ereignis manchmal nur durch einen kleinen Funken ausgelöst wird.

🚨 🚫 Bevor du dies hier liest, möchte ich deutlich darauf hinweisen, dass ich hier über Inhalte der Dokumentation The last dance schreibe. Es besteht also Spoiler-Alarm!

Als Michael Jordan 1984 als Nummer drei Pick zu den Chicago Bulls in die NBA kam, geschah dies – gerade auch wegen seines entscheidenden Einflusses auf den Sieg seiner North Carolina Tar Heels im NCAA-Championship-Game – schon mit einigen Ausrufezeichen.

Aber auch MJ selbst sorgt verbal dafür, dass die Erwartungen an ihn riesengroß wurden. So sagte er in einem seiner ersten Interviews als Spieler der Chicago Bulls: Ich möchte nur, dass das Franchise der Chicago Bulls respektiert wird. So wie die Lakers, Sixers oder Celtics. Hoffentlich kann ich dazu beitragen, hier in Chicago ein Programm wie jene aufzubauen. Er beendete diesen Satz angesichts der großen Augen seiner Gegenüber mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Je mehr man gerade durch die Doku-Serie The last dance Einblick in die Person Michael Jordan erhält, desto mehr passt der Titel seines 2005 erschienenen Buches Driven from within. Eines ist dabei vollkommen klar, seine intrinsische Motivation war deutlich höher ausgeprägt, als die der meisten anderen Basketballspieler seiner Ära.

Aber auch solch eine, mit einer außergewöhnlich hohen intrinsischer Motivation gesegnete Persönlichkeit kommt immer wieder an Punkte im Leben und das gerade im sportlichen Wettbewerb, wo es auch äußeren Einflusses bedarf, also extrinsische Motivation ins Spiel kommt.

So kam es 1987 in den Anfängen der Karriere von Reggie Miller in seinem ersten Spiel gegen MJ dazu, dass er in der ersten Hälfte wirklich alles gab und MJ dabei deutlich in den Schatten stellte. Reggie Miller war ein exzellenter Trash-Talker und so sagte er beim Verlassen des Spielfeldes zur Halbzeitpause zu MJ Du bist Michael Jordan? Der Typ der über Wasser laufen kann? MJ schaute ihn nur an, erwidert nichts und in der zweiten Hälfte lief für Reggie nichts mehr. MJ stellte Reggies Leistung aus der ersten Hälfte deutlich in den Schatten und sagte nach dem Spiel zu Reggie Don't ever talk trash to black Jesus! Danach sprach Reggie Miller nur noch von Jordan, Black Jesus oder eher abfällig von der Black Cat.

1993 trafen die Bulls auf LaBradford Smith von Washington Bullets. Er war eigentlich ein Bulls Draftpick, wurde aber an die Bullets weitergegeben. Als sie nun erstmals aufeinandertrafen machte er 37 Punkte und das auch noch gegen MJ, der selber einen eher unterdurchschnittlichen Tag hatte. Nach dem Spiel verabschiedet sich LaBrandford mit den Worten Nice game Mike! von MJ. Das hätte er sich wohl besser gekniffen, denn am nächsten Tag kam es zum Back to back und MJ kündigt in der Kabine an, er wolle in der ersten Halbzeit genauso viele Punkte machen, wie LaBradford den Tag zuvor. Jordan macht 36 Punkte in der ersten Halbzeit und stellt LaBradford gleichzeitig kalt...

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1995 treffen die Bulls auf die Orlando Magic um ihr ehemaliges Teammitglied Horace Grant, Shaquille O'Neal und Penny Hardaway. Spiel 1 geht wegen eines Fehlers von MJ, der nach seiner Rückkehr ja mit der Nummer 45 auflief, verloren. Im Spiel 2 steht er plötzlich mit seiner alten Nummer 23 auf dem Feld und Horace wusste direkt, dass das kein gutes Zeichen für sein Team sein sollte. MJ machte 38 Punkte und die Bulls gewannen.

Insgesamt aber verloren die Bulls die Serie gegen die Magic und das auch, weil MJ nach eigenen Worten nicht fit genug war. Am Abend der Niederlage fragt ihn sein Personal Trainer Tim Grover, wann man sich denn zur Saisonvorbereitung wiedertreffen würde. MJ antwortete Morgen!

Tim Grover, immer noch sichtlich bewegt von dieser unglaublichen Motivation und Arbeitseinstellung nennt dann in der Doku-Serie The last dance auch MJs Begründung. Tausende Menschen kommen zu meinen Spielen, zahlen hunderte von Dollar um mich spielen zu sehen und dann ist es meine Pflicht Topfit zu sein und mindestens 100% zu geben. In der kommenden Saison ist MJ aufgrund einer unglaublichen Vorbereitung topfit und verhilft damit seinen Bulls nicht nur zu 72 Siegen bei nur 10 Niederlagen und damit zu einer absoluten Bestleistung für eine reguläre Saison, nein, sie sweepen die Orlando Magic in den Conference Finals!

1996 ging es in den Finals gegen die Seattle Supersonics. Deren Trainer George Karl sagte MJ am Abend vor dem ersten Spiel im Restaurant aber nicht mal hallo. MJ war deswegen pissed und enttäuscht und sagte sich selbst. Ok, wenn es so ist...?! Rückblickend meint er zu diesem eigentlich unwichtigen Ereignis nur, dass das alles war, was er brauchte... Der kleine Funke eben. Nach ein paar guten Spielen führten die Bulls in der Finals-Serie vor Spiel sechs mit 3:2 und brauchten nur noch einen Sieg zum Titelgewinn. Spiel sechs fand am Vatertag statt. Angesichts des Verlustes seines Vaters nur wenige Jahre zuvor war der Titelgewinn an diesem Tag quasi Pflicht. Er verdeutlichte das, als er bei der Pokalübergabe sagte This is for dad!

In der darauffolgenden Saison gewann Karl Malone im Jahre 1997 den MVP. Das kam einer Majestätsbeleidigung gleich und MJ sah dies als ziemlich ungerechtfertigt an. Zeit es allen zu beweisen und welch besseres Bühne als die NBA-Finals könnte sich dafür bieten. Die Bulls gewannen ihren fünften Titel und das in Spiel zwei der Finals sogar auf schon ziemlich bedeutsame Art und Weise. Sie sorgten mit einem 96:54 für einen Blow Out. Damit aber nicht genug, denn jeder aufgestellte Spieler der Bulls punktete. Jeder! Eine süße Revanche.

post_0950_der_kleine_funke_3 MJs letzter Wurf als ein Spieler der Chicago Bulls. Kleine Randnote. Der sich förmlich am Boden befindliche Spieler zu seinen Füßen ist Bryon Russel...
Zusätzlich zur MVP-Vergabe gab es aber noch einen weiteren Motivator für MJ. Bei den Utah Jazz spielte auch Bryon Russel. Dieser hatte MJ nämlich wegen seines Retirements vor einigen Jahren blöd von der Seite angemacht. Ich kann dich locker verteidigen aber du musst ja in Rente gehen... MJ sagte in der Doku-Serie, dass er Bryon seit diesem Tage auf seiner Liste hatte und ja, ihr ahnt schon, wie das für Bryon ausging...

1998 trafen die Bulls dann in den Playoffs auf einen guten alten Bekannten. BJ Armstrong spielte in der Zwischenzeit für die Charlotte Hornets und in Spiel eins hat er quasi den Tag seines Lebens und schoß so die Bulls fast im Alleingang ab. Allen Beteiligten war klar, was das nun bedeuten würde. Wie sagte Glen Rice so schön MJ braucht keine Zusatzmotivation, um gut zu spielen. Aber wenn man ihn reizt, dann bricht garantiert die Hölle über dich herein. Das ist, wie wenn man einem Tiger ein Stück Fleisch hinwirft und nicht rechtzeitig weg kommt. Und so kam es dann auch...

Solche kleinen, für MJ als Erniedrigung empfundenen Vorfälle waren sein Ansporn, seine extrinsische Motivation. Und das zum Glück nicht nur in Bezug auf die sportliche Auseinandersetzung mit anderen Teams...

1994 trifft MJ sich während des Lockouts bei der MLB mit Armstrong zum Frühstück. Armstrong überzeugt MJ, mit ins Trainingszentrum zu kommen, da die anderen Jungs sich sicherlich über seinen Besuch freuen würden. Dort angekommen macht BJ eigentlich nur einen Spruch. Weißt du, du bist alt und raus aus dem Basketball. Gegen dich verliere ich nicht mehr.

Oh boy!! Was hatte er da nur gesagt. BJ und MJ spielten direkt ein kleines 1:1 aus. MJ kam mehrfach die Woche zum Training der Bulls und ja, ein paar Wochen später gab MJ mit den Worten I'm back seinen Rücktritt vom Rücktritt bekannt und lief mit der Nummer 45 auf.

Immer und immer wieder nutzte er das Verhalten seiner Gegenspieler, um sich selbst durch eigentliche Kleinigkeiten zu motivieren und in neue Leistungsbereiche vorzudringen. Und wer so tickt, nutzt dies natürlich auch, um die Teamkollegen so zu fordern und damit zu fördern.

In meinem Post Genie & Wahnsinn hatte ich ja auch schon den zweifelhaften Umgang MJs mit seinen Teamkollegen geschildert. Da gab es massenhaft erniedrigende Sprüche und ein entsprechendes Auftreten MJs. Es flogen sogar die Fäuste! Aber alle betroffenen Teamkollegen sagten in der Doku-Serie auch, dass sie solche Arschtritte brauchten und MJ nie Dinge verlangte, die er nicht auch selber erbrachte.

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Und so zeigt sich rückblickend in jedwedem Betrachtungswinkel, dass ein kleiner Funke große Wirkung erzielen kann. Das Beispiel der Chicago Bulls, die von einem Gurkenteam zur besten NBA-Mannschaft aller Zeiten wurden, dabei von acht Playoff-Teilnahmen sechs Mal den Titel gewannen, ist dabei vielleicht ein echt gutes Beispiel.

Da sind kleine Funken, wie die Verpflichtung der passenden Spieler oder der Switch zu einem unbekannten aber besonderen Trainer. Aber da sind auch die Funken in Form flapsiger Sprüche hier und da, die alle zu ihrer Bestleistung antrieb.

Und so endet auch die Doku-Serie mit den entsprechenden Worten von MJ. Ich kam nach Chicago mit Hoffnung und ich spielte für sie mit nichts als Hoffnung! Und manchmal braucht es nur ein kleines Streichholz, um einen riesigen Brand auszulösen, der seine Spuren in der Geschichte hinterlässt!

Wahre Worte, mit denen ich jetzt auch meine The last dance-Serie beschließen möchte... Was ist euer kleiner Funke?


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