Boss vs. Leader - Woran du sie unterscheiden kannst

Donnerstag, 24. November 2022
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Lesedauer: 14 Minuten

Es gibt so viele Typen von Führungskräften, wie es Individuen gibt. Sie unterscheiden sich in ihrem Führungsstil und agieren auch je nach Situation unterschiedlich. Bei den einen führt dies zum Erfolg, bei den anderen zu stetiger Personalfluktuation, schlechter Stimmung und Misserfolgen.

Dafür gibt es natürlich gute Gründe, die ich in meinem Post 8 Dinge, an denen Führungskräfte scheitern beispielhaft vorgestellt habe. Aber wie unterscheiden sich die vor dem Scheitern stehenden Führungskräfte von den erfolgreichen Führungskräften?

Wenn du schon eine Weile im Berufsleben unterwegs bist und dabei mehr als nur eine Führungskraft erleben durftest, dann hast du vielleicht auch schon die quälende Erfahrung mit einem Boss und die traumhaft leichte Erfahrung mit einem Leader in jener Rolle machen dürfen. Aber wie erkennst du nun einen Boss oder einen Leader und was unterscheidet diese im Umgang mit den eigenen Mitarbeitern voneinander? Das erfährst du in diesem Post.


Tja, Boss und Leader... Die Gegensätze könnten kaum größer sein. Der eine macht dir spielerisch den Tag zur Hölle und der andere lässt dich Ziele erreichen, ohne das du seine Führung überhaupt wahrnimmst. Den Unterschied macht die Art des Auftretens und die Kommunikation. Und genau das ermöglicht dir, Boss und Leader voneinander zu unterscheiden.

Mit den folgenden 17 Gegensätzen in Verhalten und Kommunikation kannst du für dich herausfinden, in welcher Situation du dich befindest und das sowohl als Mitarbeiter als auch als Vorgesetzter.
  1. Wissen vs. Lernen
  2. Reden vs. Zuhören
  3. Antworten vs. Lösungen
  4. Kritisieren vs. Ermutigen
  5. Schwächen vs. Stärken
  6. Vorgeben vs. Coachen
  7. Verschlossenheit vs. Offenheit
  8. Ego vs. Team
  9. Schuldzuweisung vs. Verantwortung
  10. Fordern vs. Fördern
  11. Anordnen vs. Inspirieren
  12. Ergebnisse vs. Menschen
  13. Angst vs. Vertrauen
  14. Autorität vs. guter Wille
  15. Benutzen vs. Entwickeln
  16. Unmöglich vs. realistisch
  17. Nehmen vs. Geben

1 .Wissen vs. Lernen

Ein Boss denkt alles zu wissen, vertraut auf seine jahrelange Erfahrung und verkennt damit die stetige Weiterentwicklung der Umwelt. Typisch im Verhalten sind Schubladendenken und -handeln, ein Hang zum unreflektierten Nachahmen von Verhalten, Nutzen von Methoden oder Lösungen (Cargo Culture) sowie Feedback als ausschließlich eigenes Privileg.

Im Gegensatz dazu erkennt ein Leader die eigene Fehlbarkeit aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der Umwelt. Er nimmt wahr, dass Wissen von gestern heute schon unzulänglich sein kann und versucht daher nie aufzuhören, aktiv zu lernen. Typisch im Verhalten sind stetige, offene Reflexion (Feedbackanfragen zum eigenen Handeln und Auftreten), abgewogene Entschlussfindung unter Einbindung von Mitarbeitern sowie stetige Weiterbildung als Führungskraft.


2. Reden vs. Zuhören

Ein Boss macht Ansagen und redet damit die meiste Zeit. Für Zuhören fehlt ihm die emotionale Intelligenz, was dazu führt, dass er zwar hört, aber eben nicht zuhört und somit das Gesagte links rein und rechts wieder raus geht. Fragen fällt ihm mindestens mal schwer. In ganz traurigen Fällen sind seine Ansagen nicht mal klar und deutlich oder aber er redet ohne wirklich was zu sagen.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader vorwiegend zuhören und fragen. Ansagen wird er nur in besonderen Situationen (Krise, argumentative Pattsituation,...) machen. Dann aber menschlich, verständlich und sanft nachdrücklich.


3. Antworten vs. Lösungen

Ein Boss wird auf Probleme und Herausforderungen Antworten haben. Antworten, die mangels ausreichender emotionaler Intelligenz mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr zur Umwelt passen und somit eher Symptome bedienen, als die eigentliche Krankheit (das Problem, die Herausforderung) heilen. Daraus resultierende, weitere Probleme sind absehbar.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader auf Probleme und Herausforderungen keine Antworten haben, sondern versuchen mit seinen Mitarbeitern einen im gegebenen Zeitfenster bestmöglichen Lösungsweg zu finden. Optimaler Weise wird dieser Lösungsweg iterativ reflektiert und ggf. angepasst.


4. Kritisieren vs. Ermutigen

Ein Boss wird Fehler nicht tolerieren. Er wird die verantwortliche(n) Person(en) scharf kritisieren. Im worst case macht der Boss das sogar vor versammelter Mitarbeiterschaft und erniedrigt damit die betreffende(n) Person(en).

Im Gegensatz dazu wird ein Leader zwar über gemachte Fehler auch nicht begeistert sein. Er wird die verantwortliche(n) Person(en) aber aufbauen und ermutigen. Im best case macht er das vor versammelter Mitarbeiterschaft und lebt damit eine gänzlich andere Fehlerkultur vor, als es der Boss tut.


5. Schwächen vs. Stärken

Ein Boss wird bei seinen Mitarbeitern stets nur die Schwächen vor Augen haben. Er wird nicht müde werden, diese immer wieder aufzutischen und damit seine Allmacht demonstrieren.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader zwar auch die Schwächen seiner Mitarbeiter sehen, prinzipiell aber versuchen, ihre Stärken zu finden, auszubauen und damit ihren Mehrwert für sein Team zu optimieren.


6. Vorgeben vs. Coachen

Ein Boss wird seinen Mitarbeitern bis in die kleinsten Tätigkeiten hinein vorgeben, was sie zur Zielerreichung zu machen haben. Er ist ein wahrer Meister im Mikromanagement. Ohne ihn läuft nichts.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader zwar auch Ziele vorgeben. Wie diese Ziele erreicht werden überlässt er aber vertrauensvoll seinen versierten Mitarbeitern. Versierte Mitarbeiter hat er aber nur, wenn er sie machen lässt (auch Fehler!) und ggf. einfühlsam coachend unterstützt, sie also befähigt, ihre Tätigkeit effektiver und mit geringerer Fehlerquote auszuführen.

Militärisch geprägt existiert für das Handeln des Bosses der Begriff Befehlstaktik, während das Handeln des Leaders mit dem Begriff Auftragstaktik tituliert wird. Wie sich dies auswirkt, lässt sich aktuell sehr gut am Verlauf des Ukrainekriegs erkennen, wo Befehlstaktik sich trotz Übermacht nicht gegen Auftragstaktik durchsetzen kann.


7. Verschlossenheit vs. Offenheit

Ein Boss wird von sich nicht viel Privates preisgeben. Er wird sich und sein Ego stets verteidigen und wie ein Schauspieler mit Maske auftreten. Das Du wird zum Vorgaukeln eines persönlichen Verhältnisses missbraucht. Ansonsten prägt Verschlossenheit sein Auftreten und Handeln und das alles, um unangreifbar zu sein.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader in gewisser Art und Weise wie ein offenes Buch sein. Er wird seine Fehler und seine Verletzlichkeit offen zugeben. Er wird persönliche Freuden und Leiden durchaus auch teilen, um seinen Mitarbeitern zu ermöglichen, ihn und sein Handeln zu verstehen, ihn einschätzen zu können. Das Du kommt hier ganz natürlich, ist aber absolut kein Muss!


8. Ego vs. Team

Ein Boss ist fast nur auf sich und seinen Erfolg fokussiert. Seinem Ego hat sich alles unterzuordnen und so sind Erfolge natürlich ausschließlich sein Verdienst, während Misserfolge ausschließlich seinen Mitarbeitern geschuldet sind. Seine Kommunikation ist von ich und ihr geprägt.

Im Gegensatz dazu hat ein Leader verstanden, dass er ohne sein Team gesetzte Ziel nicht oder nur sehr schwer wird erreichen können. Er hat verstanden, dass er als Führungskraft nur so gut ist, wie sein schlechtester Mitarbeiter. Seine Kommunikation ist von wir geprägt und das im Erfolg genauso, wie im Misserfolg!


9. Schuldzuweisung vs. Verantwortung

Ein Boss wird bei Misserfolgen mit Schuldzuweisungen reagieren, denn die Verantwortung liegt aus seiner Sicht bei den betroffenen Mitarbeitern und nicht ansatzweise bei sich.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader seine Verantwortung bzgl. des Misserfolges sehen. Fragen wie Was hätte ich tun können, um meine Mitarbeiter nicht in diesen Misserfolg laufen zu lassen? Wo habe ich nicht ausreichend unterstützt? Wo war meine Kommunikation nicht ausreichend? werden ganz natürlich in seinem Kopf aufkommen.


10. Fordern vs. Fördern

Ein Boss wird Ergebnisse fordern. D.h. er wird ein strikt von ihm gesetztes Ziel bis zu einem gegebenen, unverrückbaren Termin einfordern. Koste es, was es wolle (auf Seiten des Mitarbeiters), auch völlige Überforderung.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader auch ein Ziel mit einem zeitlichen Fenster erreichen wollen. Er wird dieses aber unter Einbeziehung der Mitarbeiter aufstellen. Er tut dies durchaus auch in einer gewissen, herausfordernden Art und Weise aber eben ohne zu überfordern. Kurz gesagt, er fördert seine Mitarbeiter in ihrer Entwicklung, um so gemeinsam peu à peu größere Ziele in engeren Zeitfenstern zu erreichen. D.h. er fördert Performance statt sie zu fordern!


11. Anordnen vs. Inspirieren

Ein Boss ordnet Dinge an, um Ziele zu erreichen. Er nutzt den Imperativ in Verbindung mit du, Sie oder ihr.

Holen Sie mir ein Whiteboard mit passenden Stiften in unterschiedlicher Farbe für den Besprechungsraum.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader den Konjunktiv in Verbindung mit wir nutzen, um so die intrinsische Motivation der Mitarbeiter unter Ausnutzung des Wir-Gefühls zur Zielerreichung zu nutzen.

Wäre es nicht klasse, wenn wir im Besprechungsraum ein Whiteboard mit unterschiedlich farbigen Whiteboardstiften hätten, um unsere Arbeit visuell zu unterstützen? Wer mag das von uns organisieren?


12. Ergebnisse vs. Menschen

Ein Boss ist immer nur auf Ergebnisse aus und das, um sein Ego zu stärken. Der Mensch in Form seines Mitarbeiters ist dabei nur Mittel zum Zweck. Bedürfnisse, Bedenken, Ängste (Maslowsche Bedürfnispyramide) spielen für den Boss keinerlei Rolle.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader die Bedürfnisse, Bedenken und Ängste seiner Mitarbeiter stets vor Augen haben und sein Agieren danach ausrichten. Er weiß aus Erfahrung oder glaubt, dass Mitarbeiter, die ernst genommen und verstanden werden, die wie Menschen und nicht wie Roboter behandelt werden, die benötigten Ergebnisse ganz von sich liefern werden.


13. Angst vs. Vertrauen

Ein Boss versucht, seine Autorität durch das Schüren von Ängsten und Druck aufzubauen oder zu wahren.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader seine Autorität ausschließlich mittels Vertrauen aufbauen oder wahren.


14. Autorität vs. guter Wille

Ein Boss ist zur Erreichung seiner Ziele massiv auf die ihm durch seine Position gegebene Autorität angewiesen. Ohne diese gegebene Autorität würde ihn kaum einer seiner Mitarbeiter eigenmotiviert bei der Erreichung seiner Ziele unterstützen.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader seine Ziele durch guten Willen seiner Mitarbeiter erreichen. Er ist nicht auf Autorität angewiesen, weil er in seinem ganzen Auftreten und Agieren jedem Mitarbeiter jederzeit signalisiert, dass man die gesteckten Ziele gemeinsam, in und mit der Gruppe erreicht. Niemand wird beim Erreichen der Ziele im Regen stehen gelassen, auch und gerade nicht vom Leader! Das erzeugt einen gewissen, unterschwellig kaum wahrnehmbaren, inneren Druck, dem Leader auch bei der Erreichung seiner Ziele zu unterstützen und das eben aus gutem Willen.


15. Benutzen vs. Entwickeln

Ein Boss wird seine Mitarbeiter benutzen, um meist kurzfristige Ziele zu erreichen. Dabei wird er auch keinerlei Rücksicht auf die dabei entstehenden Abnutzungserscheinungen in der Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters nehmen. D.h. weniger leistungsfähige Mitarbeiter werden schnell verbraucht sein und dann einfach ersetzt. Er spielt nach Simon Sinek das finite game.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader seine Mitarbeiter nutzen, um sie über kurzfristige Ziele zu entwickeln und damit zu befähigen, die gesteckten langfristigen Ziele mit ihm zu erreichen. Er spielt nach Simon Sinek das infinite game.


16. Unmöglich vs. realistisch

Ein Boss setzt Ziele absolut ohne Mitwirkung seiner Mitarbeiter. Er tut dies zur Profilierung im Kreise seiner Peers und Vorgesetzten und das führt meistens dazu, dass diese aus Sicht der Mitarbeiter unmöglich zu erreichen sind. Gehen die Mitarbeiter schon mit dem Glauben an die Aufgaben, ist der Ausgang vorprogrammiert.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader Ziele unter Einbeziehung seiner Mitarbeiter setzen. Er tut dies in dem festen Glauben, dass einerseits die Mitarbeiter, die letztlich maßgeblich mit ihrer Arbeit zur Zielerreichung beitragen, viel besser einschätzen können, was machbar oder eben realistisch ist. Andererseits tut er dies, weil ein selbst gesetztes Ziel viel mehr Motivation hervorruft, als ein aufoktroyiertes Ziel.


17. Nehmen vs. Geben

Ein Boss wird von seinen Mitarbeitern überwiegend bis ausschließlich nehmen und das ohne Grenzen in Bezug auf Gesundheit oder Wohlbefinden der Mitarbeiter. Geben ist ihm fremd. Das Gehalt muss reichen.

Im Gegensatz dazu wird ein Leader im Empfinden seiner Mitarbeiter überwiegend geben. Sei es Zeit, ein offenes Ohr, fachliche oder zwischenmenschliche Unterstützung, authentische Wertschätzung,... Natürlich nimmt der Leader auch von seinen Mitarbeitern, das aber unterschwellig oder nebenläufig. Eben so, das es der Mitarbeiter kaum merkt.


Fazit

Das waren nun meine 17 Gegensätzen in Verhalten und Kommunikation zwischen Boss und Leader.

Auf der einen Seite eine ausschließlich von Macht gestützte Autorität, die auch die Kommunikation bestimmt. Ängste und fehlende Menschlichkeit bilden den Normalzustand. Zwischenmenschliche Beziehungen zwischen dem Boss und seinen Mitarbeitern sind fast unmöglich. Vorteilsdenken und daraus resultierende, ausgefahrene Ellenbogen beherrschen das tägliche Miteinander und damit die von unzähligen Überstunden geprägte Zielerreichung.

Auf der anderen Seite ein von Augenhöhe, Respekt und Menschlichkeit geprägtes Auftreten und kaum wahrnehmbare Kommunikation. Die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen dem Leader und seinen Followern sind von Leichtigkeit und Vertrauen geprägt. Jeder ist bereit für den anderen Einzustehen und zu unterstützen. Gemeinsam an einem Strang ziehend werden Ziele mit großer Wahrscheinlichkeit und Leichtigkeit erreicht. Beides erzeugt jeweils eine sich deutlich unterscheidende Kultur.

Jeder Arbeitnehmer das Recht hat, seinen Arbeitsplatz nicht nur zu mögen, sondern zu lieben! - Simon Sinek

Hoffentlich konnte ich dir als ein Mitarbeiter mit diesem Post einen wenig helfen, warum du deinen Job vielleicht liebst oder sogar hasst. Und hoffentlich konnte ich dir als Führungskraft mit diesem Post helfen, wie du dein Verhalten und deine Kommunikation anpassen solltest, um langfristig auf die Gewinnerstraße zu kommen.

Lass mir gerne dein Feedback zu diesem Post oder deine Erfahrungen mit einem Boss oder Leader zukommen. Ich würde mich freuen!


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