Back to normal

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Eigentlich war heute der erste Post einer neuen Việt Nam-Serie geplant. In der Serie wollte ich über das Summit 2019 unseres Dienstleisters in Vietnam berichten. Dazu wollte ich in dem ersten Post dieser Serie das Summit grob mit seinen einzelnen Events adressieren.

Das, was ich über das Summit 2019 zu berichten habe, ist mit Masse aber Spaß pur und ich fühle mich dazu aktuell einerseits absolut noch nicht in der Lage. Andererseits würde ich es aber auch als respektlos empfinden! Und vielleicht brauche ich diesen Post auch, um für mich selber Dinge zu verarbeiten. Back to normal?! Das ist nicht ansatzweise eine Option für mich! Ich hoffe auf euer Verständnis...

Für mich ist dieser letzte Sonntagabend gefühlt einer der Momente, wo man später darauf angesprochen vielleicht noch genau weiß, wo man gerade war und was man tat. Wie mit 9/11.

Ich kann das Geschehene immer noch nicht glauben und für mich ist die gerade in den USA gezeigte Anteilnahme einfach überwältigend und bezüglich meiner Empfindungen bestätigend. Gestandene NBA-Profis und -Trainer bitterlich weinen zu sehen, ermutigt auch mich, offen über meine Gefühle zu schreiben.

Zwei Tage ist es nun her, dass die NBA-Legende Kobe Bryant zusammen mit seiner 13-jährigen Tochter Gianna, zwei weiteren Team-Mitgliedern seiner Tochter und deren Eltern beim Absturz seines Hubschraubers vom Typ Skorsky S-76B in den Bergen von Calabasas bei Los Angeles ums Leben kam.

Sie waren unterwegs zu einem Spiel des von Kobe Bryant geschaffenen Mamba Cups in Thousand Oaks nordwestlich von Los Angeles, bei dem das von Kobe gecoachte Team seiner Tochter Gianna auf das Team von Jason Terry's Tochter treffen sollte. Jason Terry – der einen NBA-Titel an der Seite Dirk Nowitzkis gewann – traf dann bei Erhalt der bitteren Nachricht beim Betreten der Sporthalle in Thousand Oaks die aus meiner Sicht einzig richtige Aussage und Entscheidung. Look, there's no more Basketball today!

Zum Bedauern vieler NBA-Spieler und -Trainer sahen das aber nicht alle so und so fanden am Sonntag doch noch reguläre Pflichtspiele statt. Aber man ließ sich zumindest noch etwas einfallen, um dem Moment ein kleines Bisschen gerecht zu werden!

So entschieden der Head Coach der San Antonio Spurs Greg Popovich und der der Toronto Raptors Nick Nurse nach dem ersten Sprungball jeweils eine 24 Second Violation zu Ehren Kobes zu begehen, da dieser die letzten Jahre seiner Karriere die Nummer 24 trug. Das verbreitete sich auf alle Spiele der NBA am Unglückstag.

Einen ganz besonderen Moment der Erinnerung nahm sich der Guard der Atlanta Hawks, Trae Young, der in mehrerlei Hinsicht ein besonderes Verhältnis zu den beiden Verunglückten Bryants zu haben scheint.

Er ist ein großer Bewunderer Kobes und erfuhr eine Art Mentoring durch ihn. Erst kürzlich hatte Kobe Trae gesagt, wie stolz er auf ihn sei, aufgrund der Art, wie er in seinem zweiten Profijahr sein Spiel verbessert habe und damit zur Stütze seiner Atlanta Hawks wurde.

Aber auch Kobe's Tochter Gianna hatte ein besonderes Verhältnis zu Trae Young. Er war – neben ihrem Vater – ihr großes Vorbild. Kobe wusste das, erzählte es ihm aber nicht! Erst als Kobe heimlich Trae's Personal Trainer ansprach, um eine Trainingseinheit mit ihm als Überraschung für seine Tochter Gianna zu organisieren, erfuhr Trae Young davon.

Trae Young trug in dem Spiel am Unglückstag nun statt seiner regulären Nummer 11 die Nummer 8, die Kobe in den ersten Jahren seiner Karriere trug. Er bekam nach dem Spiel-startenden Sprungball den Ball und beging zu Ehren Kobe's eine 8 Seconds Backcourt Violation! Als das Publikum realisierte, was er gerade tat, übermannten ihn die Gefühle...

Ich persönlich kenne Kobe Bryant natürlich nicht wirklich. Anderes zu behaupten, wäre Blasphemie. Ich habe ihn aber gerade in den letzten 10 Jahren viel beobachtet und was ich mit Sicherheit behaupten kann ist, er hat mein Leben und die von mir darin gemachten positiven und negativen Erfahrungen beeinflusst! Damit bin ich bei weitem nicht alleine, wie sich anhand der Reaktionen so vieler Menschen nicht überraschend herausstellt.

Es gibt kaum einen wirklich verdammt erfolgreichen Menschen des öffentlichen Lebens, der auch seine bittersten Niederlagen im Beruflichen wie vor allem im Privaten mit der Öffentlichkeit so geteilt hat, wie Kobe.

In meinem Job heißt es immer man müsse ein agiles Mindset entwickeln und darin ist Kobe für mich aufgrund des Sharings seiner Learnings ein riesiges Vorbild. Er ist offen aber eben auch zukunftsgerichtet mit seinen Fails umgegangen. Aber was bedeutet eigentlich Fail?

F irst
A ttempt
I n
L earning

Fail ist der erste Versuch zu lernen und eben nicht Scheitern! Und genau diese Sichtweise, dieses Mindset hat Kobe meiner Beobachtung nach immer verkörpert und das ist neben seinem unbändigen Willen, Zielstrebigkeit und unglaublichen Disziplin einer der Hauptfaktoren für seinen Erfolg und das nicht nur sportlich! Da gab es so viel für mich zu lernen...

Nun hatte Kobe vor fast vier Jahren am 14. April 2016 mit einem fulminanten 60-Punkte-Spiel Abschied vom aktiven Basketball genommen. Aber bereits während seiner Abschiedstour durch die Spielstätten der NBA wurde ihm beim letzten Spiel in der jeweiligen Halle so viel Respekt aber vor allem Liebe entgegengebracht.

Respekt vor allem, weil man mittlerweile einen veränderten Kobe Bryant kennengelernt hatte. Er war immer noch der gefürchtete Wettbewerber auf dem Feld. Aber er befand sich gewissermaßen schon in der Transformation hin zu seinem Leben nach dem aktiven Basketball. Hin zum Botschafter des Basketballs?

Er hat so viel gearbeitet und dabei so viel an Erfahrung gesammelt, dass er sich mehr und mehr in der Rolle wiederfand und wohl auch gefiel, diese Erfahrung mit anderen zu teilen, um diese dadurch wachsen zu lassen.

Ohne sein Verhältnis zu den anderen drei Töchtern mindern zu wollen, so scheint das Verhältnis zu seiner Tochter Gianna schon etwas ganz Besonderes gewesen zu sein. Vielleicht weil sie seine Liebe zum Basketball teilte, ohne von ihm in diese Richtung gedrängt worden zu sein? Oder war sie einfach Papas Liebling?

Bei der Oskar-Verleihung für sein Mitwirken am Film Dear Basketball verriet Kobe beispielsweise, dass Gianna es war, die seine Zweifel an der Mitwirkung an dem Projekt durch Wecken seines Sportgeistes verschwinden ließ. Auf seine geäußerten Zweifel entgegnete sie angeblich nur It's your dream Daddy. Man up! Mamba Mentality...

Ist das nicht wunderschön?! Da kommen mir bei solch einer Anekdote direkt wieder die Tränen! Er macht(e) eben genau das, was unsere Welt aus meiner Sicht heute in so vielen Fällen missen lässt, was die Menschheit und ihre Entwicklung hin zu unserem heutigen Dasein aber so maßgeblich vorangebracht hat.

Weitergabe von Werten, Kultur und Lebenserfahrung. Daran können nachfolgende Generationen wachsen, weil sie eben nicht die Fails der Vorgänger-Generationen machen (müssen), sondern fortschrittlichere Fails machen.

Wenn ich dann erlebe, wie Kinder heute ja schon eher nebensächlich, ohne Weitergabe von Werten, Kultur, Moral und / oder Lebenserfahrung groß werden – von Erziehung kann da ja meistens auch nicht mehr die Rede sein - dann wundert mich das Auftreten der jüngsten Generation heutzutage auch nicht mehr. Randgeschichte: Beim Summit 2019 traf ich einen Agile Coach, der bundesweit auch von Schulen gebucht wird, um Schülern wieder Werte und Moral näher zu bringen!

Einige Reaktionen von Weg- und Wertgefährten haben mich dabei nun während der letzten zwei Tage besonders gerührt oder berührt. Da ist zum Beispiel die Reaktion von Jerry West, dem im NBA-Symbol abgebildeten ehemaligen Star-Spieler der NBA und entscheidender Manager der Los Angeles Lakers, der Kobe in dieses Franchise holte.

Er war im Interview kaum in der Lage seine Tränen zurückzuhalten oder seine Stimme zu kontrollieren. Warum? Er war der Mann, der einen 17-jährigen Jungen in einem Workout sah und im selben Moment wusste, den müssen wir zu den Lakers holen.

Durch einen Deal mit den Charlotte Hornets wurde daraus Realität und eine 20 Jahre währende, unvergleichliche Geschichte begann! Er kümmerte sich quasi um diesen kleinen, unerfahrenen, vom Erfolg besessenen Jungen, der direkt aus der High School in das Haifischbecken NBA geworfen wurde.

Und falls euch noch nicht dämmert, warum der letzte Sonntag speziell für Jerry West ein sehr sehr schwerer Tag war, dem helfen vielleicht folgende Worte aus dem Interview auf die Sprünge. I lost a son today! Und das, wo er doch noch fünf leibliche Söhne hat!

Als weiterer, ganz enger Weggefährte wurde auch Tracy McGrady, ehemaliger NB-Star, interviewt und wie bei Jerry West war auch dieser noch sichtlich im Schockzustand und ganz weit weg davon, das Geschehen auch nur ansatzweise verarbeitet zu haben.

Auch er ein tolles Vorbild. Tränen flossen in Strömen, weil Kobe und er scheinbar schon vor den ersten Tagen in der NBA engste Freunde waren. Auch als gestandener Mann muss man sich seiner Tränen und Emotionen nicht schämen! Das alleine schon eine tolle nonverbale Message!

Besonders viele Tränen flossen, als Tracy McGrady das Gespräch auf Gianna richtete. Wir saßen bei ihren Spielen und alle, die den Jungen Kobe kannten, sahen ihn in Gianna. Sie war etwas ganz Besonderes und sie würde sein Lebenswerk weiterführen. Nur kann sie das nun nicht mehr...

Kobe und er halfen sich während der aktiven Zeit immer wieder gegenseitig und das auch in privaten Angelegenheiten. Nach der aktiven Zeit sorgten neben dem eh schon vorhanden Band zwischen den beiden auch die jeweiligen Kinder für ein Aufrechterhalten der besonderen Verbindung. Und es scheint so, als wären Tracy McGrady und seine Familie nun eine der entscheidenden Stützen für die Witwe Vanessa und ihre drei Töchter.

Für Einige von euch vielleicht etwas überraschend aber Michael Jordan hat sich vor der Kamera noch nicht zu den Geschehnissen geäußert. Es existiert lediglich ein Foto von einem Tränen-übertrömten MJ... Vielleicht lässt sein offizielles Statement erkennen warum?! Words can't describe the pain I'm feeling. I loved Kobe – he was like a little brother to me...

Michael Jordan hatte bereits bei den ersten Zusammentreffen auf dem Spielfeld großen Respekt vor diesem jungen, aufstrebenden und auch ein wenig vorlauten Spieler von der Lower Merion High School, weil dieser großen Worten beim Trash Talk auch entsprechende Taten folgen ließ.

Als Folge tauschten sich die Beiden wohl sehr sehr regelmäßig aus und auch wenn Kobe immer sagte, dass er kein zweiter Michael Jordan sein wolle, so kopierte er His Airness doch in so vielen Dingen. Dabei erreichte er MJ sportlich nicht ganz, für mein Empfinden übertraf er ihn aber in allen menschlichen Belangen!

Meine Gefühle traf Ervin Magic Johnson, ebenfalls eine Legende der Los Angeles Lakers, mit seinen ersten Worten am Besten. As I try to write this post, my mind is racing. I'm in disbelief and have been crying all morning over this devastating news...

Auch Barack Obama, der bei einem der jährlichen Press Dinners im Weißen Haus Kobe Bryant in Wort und Tat immitierte, als er seine Ansprache mit den Worten Obama out! und dem berühmten Mic Drop beendete, tweetete eine Reaktion auf die tragischen Geschehnisse. Er schrieb Kobe was a legend on the court and just getting started in what would have been just as meaningful a second act. To lose Gianna is even more heartbreaking to us as parents... Worte, die meine Gedanken sehr gut widerspiegeln.

Für mich absolut außergewöhnlich, dass der Madison Square Garden und das Empire State Building in den Lakers-Farben beleuchtet wurden! Das ist in New York City noch keinem Basketballspieler zu Ehren geschehen.

Viele auch einflussreiche Berühmtheiten sind schon von uns gegangen. Aber nur sehr wenige dieser Persönlichkeiten wie beispielsweise John F. Kennedy, Martin Luther King oder Nelson Mandela haben mit ihrem Tod eine solche Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst. Daran kann man wohl gut feststellen, dass da eine große Persönlichkeit, ein bedeutender Mensch von uns gegangen ist.

Matt Barnes, einer seiner ehemaligen Teamkollegen, hat in meinen Ohren sehr gut formuliert, was von Kobe neben seinen sportlichen Leistungen vor allem bleiben wird. Seine Herzlichkeit und Einstellung als Mensch werden bleiben. Er ist jeden Tag angegangen, als sei es sein letzter und hat wirklich gelebt. Etwas, das – inklusive mir selbst – die meisten von uns wohl viel zu selten vor Augen haben.

Für mich persönlich bleibt neben dem generellen Vorbild als Mensch und Vater ein Satz von Kobe Bryant, den ich als Mantra übernehmen werde: Du kannst es dir vorstellen, dann kannst du es auch tun!

Ausgerechnet Shaquille O'Neil, einer dem immer ein extrem schlechtes Verhältnis zu Kobe angedichtet wurde, warf nun in seiner ersten Reaktion einen wirklich sehr traurigen Punkt auf. Auch wenn Kobe innerlich bei Abschluss seiner Karriere wusste, dass er aufgrund seiner spielerischen Leistung in die Naismith Basketball Hall of Fame aufgenommen würde, so wird er dies jetzt aber nicht mehr erleben können...

Offen nun Fragen wie Wird es im Herbst 2020 passieren? Wer wird seine Aufnahmerede halten? Seine Frau, die 17-jährige Tochter? Was Shaquille aber sichtlich bewegte war die Tatsache, dass alle Basketball­begeisterten sicherlich auf seine Dankensrede gespannt gewesen wären. Warum?

Nun, Kobe hatte dem äußeren Anschein und den Äußerungen seines engen Umfeldes nach mit seiner sportlichen Karriere und den damit durchaus auch verbundenen Feindschaften im Speziellen sichtlich seinen Frieden gemacht. Er brachte seine liebevolle, nicht von Wettkampf geprägte, andere, eben unterstützende Seite ins Rampenlicht. Er war, wie von Barack Obama erwähnt, auf dem Weg ein bedeutendes zweiten Kapital in seinem Leben zu schreiben. Und genau deshalb hätten viele Menschen und auch ehemalige Feinde voller innerer Anspannung an den weisen, von Erfahrung geprägten Worten Kobes gehangen...

Only the best die young!

#RIPKobe

Mamba Mentality forever!