Albtraumliner?

Sonntag, 15. September 2019
Serie Việt Nam S4 • E1
Google Maps Hồ-Chí-Minh-City
post_0818_alptraumliner_1 Der Blick auf die Boeing 787-900 Dreamliner mit der Kennung VN-862 von Vietnam Airlines beim Ausstieg in Hồ-Chí-Minh-City.

Lesedauer: 6 Minuten

Tja, ich bin nun in den letzten Monaten bereits vier Mal zwischen Hamburg und Hồ-Chí-Minh-City hin und her geflogen. Da kommt in vielerlei Hinsicht einiges zusammen. So bin ich zwischenzeitlich ungefähr 96.000 km geflogen und habe dafür 104 Stunden in einem Flugzeug verbracht. Das entspricht 4,3 Tagen, in denen ich 2,4 Mal die Erde am Äquator hätte umkreisen können. Und ja, es ist auch eine Menge CO²...

Logischer Weise steigen bei solchen Werten innerhalb von nicht mal 3,5 Monaten die Ansprüche an das Fluggerät, in dem man wertvolle Lebenszeit verbringt. Nun habe ich ja mit Vietnam Airlines schon das Glück, mit der Boeing 787-900 Dreamliner, dem weltweit mit modernsten Fluggerät, unterwegs sein zu können und das dann auch noch in der Premium Economy Class.

Vielleicht erinnert ihr euch noch an meinen Post Träumen im Dreamliner? Darin beschrieb ich ja die technischen Innovationen im Dreamliner. Ich war anfangs wirklich total geflasht, gerade auch von der Kabine in der Premium Economy Class. Sooo viel Platz hatte ich bisher nur ein Mal während eines Fluges erleben dürfen, als ich auf dem Weg in die Karibik ein unerwartetes Upgrade in die Business Class erhielt.

post_0818_alptraumliner_2 Der wunderbare Leukoplast-Klebestreifen auf der Armlehne des Nebensitzes.
Und ja, die Sitze in der Premium Economy des Vietnam Airlines Dreamliners haben wirklich das Raumangebot einer Business Class der Premium Airlines von vor 10 Jahren und vieler heutiger noch bei kleineren Airlines im Einsatz befindlichen älteren Business Classes! Aber was nutzt das alles, wenn die Airline augenscheinlich nur halbherzig an der Instandhaltung der Ausstattung interessiert zu sein scheint?

Nun, mit jedem Flug gewöhnte ich mich mehr und mehr an den Luxus! Die Ansprüche stiegen aber gleichzeitig schien auch der Zustand der Kabine abzunehmen. So hatte ich drei Flüge, während derer mein Entertainment­system nicht funktionierte! Kann mal passieren... Aber wenn man drei Mal innerhalb von 6 Wochen den gleichen Flieger nutzt und dabei den gleichen Sitzplatz hat, dann fange zumindest ich an, mir meinen Teil zu denken!

Als ich nun das letzte Mal in Frankfurt einen Dreamliner von Vietnam Airlines bestieg, fiel mir direkt beim Platzeinnehmen ein kleiner medizinischer Klebestreifen auf, der längs über dem Bedienungshebel der Fußstütze geklebt war. Als direkte Maßnahme des Personals ja vollkommen okay. Aber spätestens beim nächsten Aufenthalt an einer Destination mit Servicepersonal des Unternehmens muss der doch weg und das Problem behoben sein. Wie ihr auf dem Bild 2 dieses Posts erahnen könnt, scheint der Klebestreifen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon länger an Ort und Stelle zu sein...

post_0818_alptraumliner_3 Die herrlich abgerockten Sitze in der Premium Economy an Bord von VN-862.
Als Nächstes fiel mir dann der in Bild 3 zu sehenden Mangel auf. Dabei handelt es sich um einen abgerissenen oder abgeschnittenen Bezug des Stuhls schräg vor mir. Der Zustand der aus Sicherheitsgründen notwendigen Aufkleber an der Zwischenkonsole der Sitze vor mir, ebenfalls auf dem Foto zu sehen, fiel mir sogar erst nach Rückkehr in Deutschland bei der Betrachtung der Fotos am PC auf...

An allen möglichen Stellen in der Kabine ist im wahrsten Sinne der Lack ab! Auf Bild 4 kann man dazu nur mal exemplarisch den Träger meines Mutimedia-Bildschirms sehen.

Später im Flug fiel mir dann noch auf, dass an der Außenwand zwischen meinem Stuhl und dem meines Vordermannes vermutlich nach bitter nötigen Wartungsmaßnahmen der Teppich nicht wieder den Weg zurück an Ort und Stelle gefunden hatte und dadurch ein relativ großes Loch in einen Zwischenraum entstanden war. Jetzt mag der Eine oder Andere bei Betrachtung von Bild 5 sagen Auf den Fitzel Teppich kommts doch nicht an!

post_0818_alptraumliner_4 Wo man auch hinschaut, der Lack ist ab.
Nun ja... Dann doch mal ein Worst Case Szenario als Gegenüberstellung. Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, welche Kabel ein dem positiven Flugverlauf nicht sonderlich zugeneigter Gast mit dem beim Abendessen gereichten durchaus scharfen Cromargan-Messer durch das recht große Loch nach unten hätte beschädigen können...

Beim Sinkflug vor Ankunft in Hồ-Chí-Minh-City schaute ich aufgrund überraschend gutem Wetter mit außergewöhnlich guter Sicht viel aus den wirklich super großen Fenstern an meinem Platz. Dabei fiel mein Blick auch auf die Tragfläche selbst, die ihr in Bild 6 sehen könnt. Was sind denn das für schwarze Flecken auf der linken Tragfläche?

Die hatte ich vorher noch auf keinem der Dreamliner von Vietnam Airlines gesehen! In mir kam ein unwohles Gefühl hoch... Warum? Gab es da nicht mal Berichte über nach der Kundenauslieferung der ersten Dreamliner festgestellte Strukturmängel an den vorwiegend aus Verbundwerkstoffen gefertigten Auftriebshilfen?

post_0818_alptraumliner_5 Der offene und Teppich-lose Weg zum Unterboden?
Ich will mir jetzt nicht meinen Glauben an das in der Luftfahrt bei der Wartung vorgeschriebene Mehr-Augen-Prinzip ausreden. Aber die unförmigen Flecken auf der meist strahlend weißen Tragfläche in Verbidnung mit der in der Kabine erlebten und für mich stümperhaft erscheinenden Wartungsmentalität ließen doch schon ein paar Zweifel an einer sachgemäßen Wartung aufkommen...

Der Zustand der Kabine wird, zumindest was die Premium Economy Class angeht, von meinem Kollegen und mir nur noch mit dem Wort abgerockt bezeichnet. Mein Kollege hat dabei noch ein Jahr Erfahrungsvorsprung! Aber wie kommt es zu diesem schon als erbärmlich zu bezeichnenden Zustand der Kabine?

Nun, darüber lässt sich nur vermuten, was ich auf keinen Fall will! Ich will Vietnam Airlines somit keinesfalls unterstellen, dass sie ihre Maschinen nicht anständig warten. Es erscheint mir trotzdem verdammt viel Zufall zu sein, im selben Flieger auf dem selben Platz innerhalb von sechs Wochen immer ein defektes Multimedia­system vorzufinden zu dürfen.

post_0818_alptraumliner_6 Die fleckige linke Tragfläche von VN-862.
Was ich aus Beobachtungen an Board mit Sicherheit sagen kann ist, dass die vietnamesischen Fluggäste nicht gerade zimperlich oder gar vorsichtig mit der Kabine umgehen! Da bekommt der nicht korrekt zusammengeklappte Tisch nochmal einen extra Faustschlag, in der Hoffnung, dieser würde den Tisch in der Armlehne verschwinden lassen.

Gleiches gilt für das Mediacenter. Ich empfinde das als sehr erstaunlich, sind die Vietnamesen, wie ich sie während vierer Aufenthalte nun kennenlernen durfte, doch Menschen gegenüber so rücksichtsvoll und besonnen im Handeln. Warum nicht auch bei Staatseigentum und damit im Falle der Sozialistischen Republik Vietnam ihrem eigenen Eigentum gegenüber?

Ich hab den Titel dieses Posts sehr provokant gewählt und kann diesen trotz all der schlechten, hier gerade aufgezeigten Erfahrungen und Wahrnehmungen nur revidieren. Der Dreamliner an sich verdient seinen Spitznamen! Er ist mit all seinen für die Langstrecke vorgesehenen Innovationen einfach super und hilft einem aktiv, während des Aufenthalts an Bord zu träumen!

Und damit erscheint er mir zumindest bei Vietnam Airlines das einzige Flugzeugmuster mit diesen Eigenschaften zu sein, was ich durch meinen letzten Rückflug nach Deutschland unerwartet bestätigt bekam. Dazu aber mehr in einem der nächsten Posts!


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