9 Verhaltensmuster von Narzissten

Lesedauer: 16 Minuten

Wenn ein Mensch in der äußeren Wahrnehmung über eine übermäßige Selbstliebe sowie ein übertriebenes Selbstwertgefühl verfügt und dann auch noch mangelndes Empathievermögen empfunden wird, dann wird dieser Mensch oberflächlich und schnell als Narzisst abgestempelt.

Aber wann handelt es sich bei einem Menschen wirklich um eine narzisstische Persönlichkeitsstörung und wann nur um den umgangssprachlichen Narzissmus? Wie bzw. woran erkennt ein Psychologe oder Psychiater rein pathologisch eine narzisstische Persönlichkeitsstörung und damit eine psychische Erkrankung? Das möchte ich mit dir anhand des Klassifikationssystems DSM-5 erkunden und dir so mit neun definierten Verhaltensmustern und Haltungen etwas Orientierung geben, um einen vermeintlichen Narzissten nicht nur oberflächlich abzustempeln.


Narzissmus in deinem Umfeld, vielleicht sogar in einer direkten Beziehung kann für das Umfeld und damit gegebenenfalls auch für dich sehr gefährlich werden. Daher kann es absolut nicht schaden, einen vermeintlichen Narzissten anhand fundierter, medizinischer und nicht nur umgangssprachlicher Kriterien wirklich zu identifizieren.

Das ist wichtig, weil eigentlich jeder gesunde Mensch gewisse narzisstische Anteile in seiner Persönlichkeit hat. Selbstwert ist für jeden Menschen von Wichtigkeit und zu dessen Aufbau und Erhalt braucht es (auch) äußere Anerkennung. Um das Selbstwertgefühl zu erhalten, braucht es aber vor allem die Fähigkeit, dieses jeden Tag aufs Neue auszubalancieren und es aus sich selbst heraus zu stärken.


Genau diese Fähigkeit hat ein Narzisst nicht in ausreichender Ausprägung, was wissenschaftlich beobachtet zu der Erkenntnis führte, dass krankhafte Narzissten starke Selbstzweifel haben und zum Aufpäppeln des eigenen Selbstwertgefühls die Anerkennung anderer Menschen brauchen.

Doch wie oder woran kann ich nun erkennen, dass es sich bei einer Person in meinem Umfeld um einen Narzissten handelt? Dazu möchte ich zunächst kurz auf das medizinische Klassifizierungssystem DSM-5 als Grundlage für die pathologische Erkennung eingehen.

Die DSM-5 als Grundlage für die pathologische Erkennung von Narzissmus

Die DSM-5 ist das am weitesten in der Nutzung verbreitete Klassifizierungssystem für psychische Erkrankungen und stammt aus den USA. DSM steht dabei für Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Die DSM-5 beschreibt und definiert psychische Erkrankungen und enthält bei der narzisstischen Persönlichkeitsstörung auch Kriterien für die Diagnose.

Da es bei den Kriterien um die Erkennung von Verhaltensmustern geht, möchte ich diese zunächst und in aller Kürze betrachten.

Was sind Verhaltensmuster?

In der Psychologie beschreibt ein Verhaltensmuster zusammenhängende, aneinandergereihte Verhaltensweisen, sogenannte Verhaltensketten (engl. behavior patterns). Verhaltensweisen können letztlich als hartnäckig in der Persönlichkeit und dem Verhalten einer Person verankerte Gewohnheiten oder Routinen beschrieben werden.


Diese können hilfreich sein, weil sie uns jederzeit dabei helfen Erwartungen über das, was als nächstes passiert, zu bilden und unser Handeln daran auszurichten. Sie können aber eben – wie im Falle eines Narzissten – auch zerstörerisch sein.

Verhaltensweisen sind meistens an bestimmte, auslösende Situationen, sogenannte Trigger geknüpft. Diese können durch Begegnungen mit anderen Menschen oder durch eigene Stimmungen ausgelöst werden.


In Bezug auf die DSM-5 und ihre neun Kriterien zur Erkennung von krankhaften Narzissten gilt es nun Verhaltensmuster zu erkennen. Doch was sind nun diese neun Kriterien der DSM-5?

Die neun Kriterien der DSM-5

Die neun Kriterien der DSM-5 können dir als Laie nur eine hilfreiche Orientierung zur Erkennung eines Narzissten geben. Das aber auf wissenschaftlich anerkannte Art und Weise und nicht nur anhand allgemein kursierender Definitionen. Die neun Kriterien der DSM-5 sind:

1. Grandiositätsgefühl
2. Eingenommenheit
3. Einzigartigkeitsgefühl
4. Bewunderungsverlangen
5. Anspruchsdenken
6. ausbeuterisches Verhalten
7. mangelnde Empathie
8. Neid
9. Überheblichkeit

Wichtig im Zusammenhang mit diesen neun Kriterien der DSM-5 ist natürlich das Verständnis über deren definierte Bedeutung. Für eine pathologisch dedizierte Diagnose auf Basis dieser Kriterien müssen mindestens 5 Kriterien erfüllt sein.

Im folgenden möchte ich nun die einzelnen Kriterien in ihrer Bedeutung für uns verständlich machen.

1. Grandiositätsgefühl

Ein Grandiositätsgefühl ist ein übertriebenes Gefühl der Selbstbedeutung, das oft mit einer übermäßigen Selbstliebe und einem Mangel an Empathie für andere einhergeht. Der Narzisst will quasi ständig, dass er in seinem Umfeld bewundert wird.

2. Eingenommenheit

Eingenommenheit ist ein Zustand, in dem eine Person ein übertriebenes Gefühl der Selbstzufriedenheit und Selbstbewunderung hat. Das ist grundsätzlich erst mal ein Zeichen einer sehr gut ausgeprägten Selbstwirksamkeit. Beim Narzissten dreht sich dann aber alles um Macht, Erfolg oder Schönheit und das grundsätzlich im Superlativ.

3. Einzigartigkeitsgefühl

Ein Einzigartigkeitsgefühl ist ein übertriebenes Gefühl, dass eine Person einzigartig, anders oder ungewöhnlich im Vergleich zu anderen ist.

4. Bewunderungsverlangen

Ein Bewunderungsverlangen ist ein übermäßiges Verlangen, von anderen für das Gesagte oder Erbrachte besonders bewundert zu werden. Der Narzisst braucht Anerkennung genauso, wie Luft, Wasser und Nahrung. Er ist immer auf der Suche nach Bestätigung.

5. Anspruchsdenken

Anspruchsdenken ist das übertriebene Gefühl, dass einem bestimmte Dinge aufgrund des eigenen Status, der Fähigkeiten oder der Erfahrung zustehen. Das geht beim Narzissten mit der deutlichen Erwartung einher, dass sich andere an seine Vorlieben und Neigung anpassen.

6. Ausbeuterisches Verhalten

Ausbeuterisches Verhalten bezieht sich auf die Ausnutzung anderer für den eigenen Vorteil, ohne auf deren Bedürfnisse und Rechte zu achten. Beim Narzissten findet das meist in allen Umfeldern statt, also im Privatleben genauso, wie im beruflichen Leben. Geben und Nehmen ist im fremd. Deshalb werden Narzissten häufig von den Betroffenen auch als Energieräuber bezeichnet.

7. Mangelnde Empathie

Mangelnde Empathie bezieht sich darauf, dass eine Person Schwierigkeiten hat, sich in andere hineinzuversetzen und ihre Emotionen und Bedürfnisse zu verstehen.

8. Neid

Neid bezieht sich darauf, dass eine Person das Glück, den Erfolg oder den Besitz eines anderen beneidet und sich wünscht, das Glück, den Erfolg oder Besitz selbst zu haben. Beim Narzissten ist dies häufig mit dem Gefühl einhergehend, dass andere ihnen Erfolg nicht gönnen.

9. Überheblichkeit

Überheblichkeit bezieht sich darauf, dass eine Person sich selbst als überlegen und besser als andere empfindet und diese Empfindung mit einem unglaublichen, von anderen als unbegründet empfundenen Selbstbewusstsein nach Außen trägt und zwar konstant.

Fazit

Ganz schön viel und gar nicht so einfach oder? Die Merkmale in den einzelnen Beispiele können beim Narzissten unterschiedlich ausgeprägt sein, treten in unterschiedlichen Situationen aber oft gemeinsam auf. Viel viel Komplexität!

Aber zumindest geben uns die neun Kriterien der DSM-5 einen deutlich besseren Anhalt zur Erkennung eines Narzissten, als es die meisten Influencer-Posts im Internet tun.



Empfindest du die neun Kriterien der DSM-5 für einen Narzissten als für den Laien leicht nutzbar? Konntest du diese schon erfolgreich einsetzen? Wie immer würde ich mich über Beiträge von dir und dein Feedback zu diesem Post sehr freuen.