3 Säulen einer nachhaltigen Personalentscheidung

Donnerstag, 02. März 2023
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Lesedauer: 9 Minuten

Du kennst diese Situation vielleicht. Du hast eine Personalentscheidung zu treffen. Für viele Verantwortliche eine schwere Entscheidung, weil man einfach nicht weiß, worauf man diese Entscheidung aufbauen sollte.

Weit verbreitet ist bei Personalentscheidungen leider immer noch der ausschließliche Blick auf die erbrachte Leistung und diese im schlimmsten Falle sogar reduziert auf Quantität.

Da sind beispielsweise Sachbearbeiter, die ihr Postfach spätestens zum Feierabend abgearbeitet haben und dafür von ihren Vorgesetzten als besonders zuverlässige Mitarbeiter wertgeschätzt werden. Aber ist ein solcher Mitarbeiter wirklich gut? Wie ist die Qualität seiner Arbeit? Arbeitet er auch im Team oder nur für sein Postfach?

Worauf sollte eine Personalentscheidung fußen? Es gibt unzählige Sichtweisen, was gute Mitarbeiter für Eigenschaften haben sollten. Aber passen diese auch zur heutigen Arbeitswelt oder anders gefragt zur Aufgabenbeschreibung und vor allem zum Unternehmen? Lass uns gemeinsam einen Blick werfen und die entscheidenden drei Dinge für eine gute Personalentscheidung herausfinden und beleuchten.


Wie ich eingangs schon schrieb, gibt es unzählige Sichtweisen, was besonders erstrebenswerte oder beneidenswerte Eigenschaften von guten Mitarbeitern sind. Betrachtet man diese und sammelt mal alles, was da so publiziert wurde, dann entsteht eine lange Liste. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die gemeinhin als Positiv angesehenen Eigenschaften zusammenzustellen.


Eigenschaften von guten Mitarbeitern

  • Ehrgeiz
  • Streben nach besserer Leistung
  • Selbstständigkeit
  • Bescheidenheit
  • Leidenschaft
  • Ehrlichkeit
  • Selbstbewusstsein
  • Kreativität
  • Zuverlässigkeit
  • Eifrigkeit
  • Positivität
  • Verantwortungsbewusstsein
  • Kompromissbereitschaft
  • Ergebnisorientierung
  • Fokussierung
  • Konfliktlösungskompetenz
  • Vermittlungsfähigkeit
  • Organisationstalent
  • Pragmatismus
  • Vorbildwirkung
  • ...
Obwohl sich jede Sichtweise der von mir für diese Liste herangezogenen Eigenschaften auf etwa fünf Eigenschaften fokussierte, ist dennoch eine lange und wie ich finde unbrauchbare Liste entstanden. Aber warum unbrauchbar?

So unterschiedlich Personalentscheidungen auch sein können, ihnen sollte immer das gleiche Regelwerk zu Grunde liegen. Wenn du nun also zu entscheiden hast, ob ein Mitarbeiter gefördert wird oder eben nicht, ob ein Mitarbeiter entlassen oder ein neuer Mitarbeiter eingestellt werden muss, dann solltest du aus meiner Sicht genau wissen, welche Werte, welche Einstellung und welches Menschenbild dein Unternehmen kulturell hat oder aber benötigt und das durchaus auch schon auf die Verwendung des Mitarbeiters bezogen. Unterstützt die obige Liste der Eigenschaften das?

Nein, sie führt eher noch dazu, dass in gewisser Art und Weise blind, in einer Art Cargo Culture auf irgendwelche Eigenschaften geschaut wird, die für den ausgeschriebenen Job oder die diskutierte Position völlig belanglos sind. Auch denke ich, dass in den gelisteten Eigenschaften viel enthalten ist, dass man einfach voraussetzen muss! Aber was ist nun mit Werten, Einstellung und Menschenbild gemeint?


Werte

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Werte. Was ist das eigentlich? Natürlich ist hier nicht von deinem Haus, deinem Auto, deinem Boot oder deinem Pferd die Rede. Die ökonomische Definition spielt hier also keine Rolle. Hier geht es um die ethische, die theologische, die soziologische, kurz die geisteswissenschaftliche Bedeutung des Begriffs und damit um ideelle Werte.

Werte sind im weitesten Sinne erstrebenswerte oder aber moralisch als gut betrachtete Eigenschaften. Dabei können diese Werte für ein Individuum, eine Gruppe oder sogar eine Gesellschaft Gültigkeit haben und bilden die grundlegende Basis für eine Kultur. Sie sind immer individuell und quasi erlernt, also nicht angeboren! Sie bilden sich durch Erziehung, Tradition und Ausbildung, also unterm Strich durch die Summe der sozialen Kontakte in der Vergangenheit. Sie sind situationsübergreifend und objektunabhängig.

Werte können beispielsweise sein...
  • Freiheit
  • Ehre
  • Status
  • Ehrlichkeit
  • Offenheit
  • Mut
  • Respekt
  • ...

Die Summe an einigen wenigen Werten bildet letztlich das Wertesystem einer einzelnen Person, einer Gruppe oder gar einer Gesellschaft. Das Wertesystem ist Basis der Wahrnehmung der Umwelt, der existierenden Handlungsoptionen, der resultierenden Handlungsfolgen und ist damit prägend für das Entscheidungsverhalten.

Werte sind auch ausschlaggebend für die Motivation einer einzelnen Person, einer Gruppe oder einer ganzen Gesellschaft. Die Verknüpfung von Werten und Motivation ist dabei einmal spielerisch von Jurgen Appelo in seinem Konzept des Managements 3.0 mit dem Kartenspiel Moving Motivators verdeutlicht worden. Eine tolle, spielerische Möglichkeit für eine einzelne Person oder Gruppe, sich der eigenen Werte bewusst zu werden und den Einfluss von Handlungen, Entscheidungen, Veränderungen auf die eigene Motivation herauszufinden. Das kann durchaus auch von Führungskräften zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, beispielsweise bei Personalentscheidungen.


Einstellung

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Einstellung. Noch so ein Begriff, der viel in sozialen Beziehungen benutzt wird. Dabei ist hier jetzt nicht der Akt der Einstellung eines Arbeitnehmers durch eine Unternehmen oder das Justieren bzw. Konfigurieren eines Gerätes gemeint.

Mit Einstellung ist hier die innere Haltung, also eine kognitive oder emotionale Beziehung einer Person, einer Gruppe oder einer Gesellschaft zu einem Sachverhalt gemeint. Die jeweilige Einstellung bestimmt nachhaltig die Bereitschaft, in bestimmter Weise auf etwas wertend zu reagieren.

Diese Art der Einstellungen wird in der Philosophie auch als propositionale Einstellung bezeichnet. Propositional bedeutet dabei, dass die Einstellung im Unterschied zu Fakten oder Ereignissen richtig oder falsch sein kann. Einstellungen sind absolut individuell, bilden aber trotzdem ein geschlossenes System von Gedanken, Gefühlen und Handlungsvoreinstellungen.

Einstellungen können in gedanklicher oder emotionaler Natur sein. Bei gedanklichem Hintergrund spielen Wissen, Erfahrung und Wahrnehmung sachlicher Details, Personen und Situationen die entscheidende Rolle bei ihrer Ausbildung. Bei emotionalem Hintergrund sind das eher Liebe, Achtung, Hass, Abscheu und Ärger, die ein Objekt oder Subjekt in einem auslöst. Einstellungen sind beispielsweise...
  • Vorurteile (Biases)
  • Sympathie
  • Antipathie
  • Selbstwert
  • ...
Erkennen kann man Einstellungen durch ihre sprachliche Nutzung. So werden Einstellungen immer durch sogenannte dass-Sätze in Verbindung mit bestimmten Verben geäußert und können so in Personal- oder Bewerbungsgespräche recht einfach erfragt werden.

Beispiele für entsprechende propositionale Sätze sind...
  • Joaquim hofft, dass seine Führungskräfte ihre Fach- und Methodenkompetenz als Führungskraft ausbauen.
  • Kristian bedauert, dass so viele Mitarbeiter aufgrund ihrer Führungskräfte kündigen.
  • Thorsten weiß, dass seine Bauchentscheidungen besser sind, als fachlich und technisch abgewogene Entscheidungen.
  • Marko befürchtet, dass noch mehr Kollegen kündigen werden.
  • Felcis bedauert, dass andere, weniger versierte Kollegen mehr Gehalt bekommen, als er.
  • Timotheus glaubt, dass er einen tollen Job macht.
  • ...
Einstellungen helfen uns, Objekte, Personen oder Situationen schneller einschätzen zu können und führen durch Identifikation oder Distanzierung zu sozialer Anpassung. Und genau das kann man sich bei Personalentscheidungen zu Nutzen machen. Die gute Nachricht ist beim Thema Einstellungen aber eindeutig, dass sich diese durch Lernen und das Sammeln von Erfahrungen leichter und wesentlich schneller verändern lassen, als Werte.


Menschenbild

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Menschenbild. Der nächste hochtrabende Begriff, den du wahrscheinlich genauso wie ich als selbstverständlich annimmst und deine Interpretation kaum bis gar nicht in Frage stellst oder mit divergierenden Sichtweisen vergleichst.

Als Menschenbild bezeichnet man die Vorstellung einer Person, die diese vom Wesen einer anderen Person hat. Bezieht sich dieses Menschenbild auf sich selbst, wird es auch als Selbstbild bezeichnet. Menschenbilder sind dabei unabhängig von ihrer philosophischen oder theologischen Betrachtung häufig Bestandteil einer Überzeugung oder Lehre. So hast du sicher schon mal die Begriffe christliches, buddhistisches oder humanistisches Menschenbild gehört.

Das Wichtige an Menschenbildern ist dabei aber weniger der beschreibende als der normative Charakter, da Menschenbilder beispielsweise Basis für das Sozialverhalten und gesetzliche Regelungen und Vorschriften sind. So liegt unserem Grundgesetz auch ein gewisses Menschenbild zu Grunde, das damit unser Sozialverhalten normt.

Das Menschenbild ist damit die Gesamtheit oder das Resultat der zuvor genannten Werte und Einstellungen und sollte somit auch für Personalentscheidungen herangezogen werden.


Fazit

Was bedeutet das nun für Personalentscheidungen? Nun, aus meiner Sicht bedeutet das zuallererst, dass man sich als Führungskraft bzw. Unternehmen bewusst darüber ist, welche Werte die Organisationseinheit bzw. das Unternehmen an sich verkörpert oder bei einer Neuausrichtung zukünftig verkörpern möchte! Darüber nachzudenken ist interessant und hilft grundsätzlich absolut weiter. Besteht über positive und durchaus auch negative Werte Klarheit, dann gilt es die Werte des Kandidaten für eine Beförderung, Entlassung oder Einstellung genauer herauszukitzeln.

Das Gleiche gilt natürlich sinngemäß für die Einstellung und das Menschenbild des Kandidaten. Je höher die Übereinstimmung des Kandidaten da mit den Bedürfnissen der Organisationseinheit bzw. dem Unternehmen ist, desto nachhaltiger wird die getroffene Personalentscheidung letztlich sein!

Es geht letztlich primär darum, den Cultural Fit des Kandidaten zu bewerten, denn diese ermöglicht eine Abschätzung des Aufwandes, die eine Aufrechterhaltung seiner Motivation zukünftig kosten wird. Dabei ist völlig klar, dass eine qualitative Bewertung nur schwer vorgenommen werden kann! Vielleicht tut man sich einfacher damit, eine philosophische oder theologische Bewertung in eher gut oder eher schlecht für die Entwicklung der Organisationseinheit bzw. des Unternehmens vorzunehmen?!

Nun begehrst du, abhängig von deinem Mindset, eventuell auf und sagst Ich muss doch wissen, ob der Kandidat fachlich was taugt! Dem möchte ich drei Thesen entgegnen:
  1. Für mich sind Werte, Einstellungen und Menschenbild die drei Säulen einer nachhaltigen Personalentscheidung. D.h. nicht, dass man den Kandidaten im Zuge eines Interviews oder eines Probearbeitens nicht auch fachlich beleuchten kann. Das gilt übrigens auch für seine Soft Skills. Es geht mir um Schwerpunktsetzung und damit um das Bewusstsein, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun.

  2. Wenn ein Kandidat nur geringfügig fachlich beleuchtet wird, dann bleibt für den fachlichen Teil immer noch die Probezeit. Das gilt natürlich auch für den Cultural Fit und seine Soft Skills.

  3. Letztlich bin ich der festen Überzeugung, dass ein Arbeitnehmer in einem förderlichen Umfeld mit Freude alles an Fähigkeiten und Know How erlernen wird, was das Unternehmen von ihm braucht. Ein Arbeitsumfeld ist für mich u.a. förderlich, wenn es einen Cultural Fit gibt. Warum also den Schwerpunkt für eine Personalentscheidung auf Hard Skills setzen?

Wie stehst du zu meinen drei Säulen für eine nachhaltige Personalentscheidung?

Hast du schon Erfahrungen mit meiner Schwerpunktsetzung im Prozess der Personalentscheidungen machen können. Dann würde ich mich über Beiträge von dir oder dein Feedback zu diesem Post sehr freuen.


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